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Beitrag vom 27.02.2008
Interview mit Celia Klaue
Stefanie Denkert
Wie kommen KünstlerInnen auf Berlins Bühnen? AVIVA-Berlin fragt nach bei Nachwuchs-Bookerin Celia Klaue, die zum Weltfrauentag am 8. März 2008 eine Veranstaltung im Café Zapata auf die Beine stellt
AVIVA-Berlin: Hallo Celia Klaue! Du bist als Bookerin in der Berliner Musikszene tätig, kannst du uns erklären, was man genau als Bookerin macht? Zu deinen Aufgaben gehört ja sicherlich noch mehr als ´nur´ eine Band oder einen Act zu buchen....
Celia Klaue: Ich stehe als Bookerin zwischen den KünstlerInnen und VeranstalterInnen. Ich organisiere Konzerte, indem ich Künstleragenturen kontaktiere oder deren Anfragen entgegennehme. Die KünstlerInnen biete ich dann verschiedenen VeranstalterInnen an, und gegebenenfalls handle ich Deals mit Clubs und Künstlermanagements aus. Bei erfolgreicher Vermittlung übernehme ich dann auch die Promotion oder teile mir die Aufgabe mit der Location und oder dem Künstlermanagement. Oft muss man sich um die Unterbringung für die KünstlerInnen und ihre Crew oder das Catering kümmern. Organisationstalent, eine schnelle Auffassungsgabe und gutes Englisch sind in diesem Job sehr wichtig!
AVIVA-Berlin: Bookerin ist kein Ausbildungsberuf, man muss sich, z.B. durch Praktika, die Skills selbst aneignen. Wie war das bei Dir und was würdest Du jungen Frauen raten, die sich als Bookerin selbständig machen möchten?
Celia Klaue: Entweder man macht ein Praktikum in einer Bookingagentur oder man schafft sich einfach einen eigenen Praktikumsplatz mit eigenen Arbeitszeiten. Man braucht eine gute Beobachtungsgabe und Szenekenntnisse: welche Bands oder DJs passen mit ihrem Repertoire an welchen Ort? Und wie kann man verschiedene KünstlerInnen zusammen bringen und einen Abend durchchoreographieren? Man muss auch viel ´rumtelefonieren, das habe ich bei meinen unzähligen Callcenterjobs am Anfang meiner Berlinkarriere gelernt. Zudem Emails schreiben, Kalkulationen erstellen und viele Freunde haben, die einem beim Flyer verteilen helfen. Ohnehin lässt sich ein Job als BookerIn oder VeranstalterIn nicht verwirklichen, wenn man nicht viele persönliche Kontakte in der jeweiligen Szene hat, die mit den eigenen Musikinteressen korrespondiert. Ich bin keine Ein-Frau-Bookingagentur, ich sehe mich da eher als Vermittlerin. Und als gute Beobachterin, die gerne auf Konzerte geht und gute Bands spielen sieht, denen ich eine Plattform geben will. Bands wie Meral5, die ich über eine gemeinsame Bekannte kennen lernte, habe ich, z.B. als Vorband für Alice Daisy gebookt und auch bei einem Illicit-Gig unterbringen können. Das ganze Netzwerk hat sich eher zufällig entwickelt.
AVIVA-Berlin: Es ist sicher nicht einfach, in der Branche Fuß zu fassen. Hinzu kommt, dass es in Berlin zwar viel Kultur, aber kein Geld zu holen gibt. Wie ist das bei dir, kannst Du von deiner Tätigkeit als Bookerin schon leben?
Celia Klaue: Mit dem booking verdiene ich momentan kein Geld, das ist eher ein Hobby, welches ich gerne zum Beruf mache, aber solange studiere ich und arbeite als Barkeeperin.
AVIVA-Berlin: Du bist ausgebildete Mediengestalterin für Digital- und Printmedien, studierst zur Zeit Niederlandistik und Publizistik – woher kommt Deine hohe Affinität zur Musikszene?
Celia Klaue: Bereits im Kindesalter schnupperte ich Backstageluft, da mein 12 Jahre älterer Bruder Musiker ist. Die Lautstärke in Proberäumen, verschiedenste musikalische Eindrücke zweier älterer Geschwister ließen mich schon als Kind in den 80ern immer wachsam und interessiert und vor allem offen gegenüber verschiedenster Musikszenen sein.
AVIVA-Berlin: Nach wieder wechselnden Jobs in allen möglichen Bereichen hast Du im Sommer 2006 die Eventmanagerin Caren Kalkowski über ein Businessportal kennen gelernt und mit ihr deine erste größere Veranstaltung "Better Beats" ins Leben gerufen. Die Idee kam auf, da ihr unzufrieden mit der Live-HipHop-Szene wart. Welches Feedback habt ihr auf die Veranstaltung erhalten? Was für Veranstaltungen hast Du seitdem in Berlin auf die Beine gestellt?
Celia Klaue: Das war meine einzige eigene Veranstaltung, alles andere waren und sind Konzerte, die durch mich ins Leben gerufen wurden. Da war ich als Vermittlerin tätig, wie für Meral5, Alice Daisy, Illicit. Da ich nicht die Veranstalterin war, hatte ich auch kein finanzielles Risiko, aber natürlich musste ich die bereits genannten Aufgaben einer Bookerin trotzdem abdecken. Das Feedback war damals sehr gut, keiner kannte die Band vorher und danach waren alle umso mehr begeistert, dass ein bis dato No Name Act so überzeugend war. Seitdem meldet sich die Bookingagentur von Illicit immer mal wieder bei mir, um etwas in Berlin auf die Beine zu stellen, da das damals so gut gelaufen ist. Die Jungs sind schon als Vorband von De La Soul und Arrested Development aufgetreten und schwärmen noch immer davon, dass unsere Veranstaltung der beste Gig in Berlin war, den sie je hatten.
AVIVA-Berlin: Du bist zwar offen gegenüber allen Musikszenen, aber Dein Herz gehört dem HipHop mit seinen sozialkritischen und emanzipatorischen Ursprüngen und Intentionen. Insofern verwundert es nicht, dass du unter dem Motto "sisters are doing it for themselves" für den internationalen Weltfrauentag am 8. März 2008 eine Veranstaltung im Café Zapata organisierst. Wie wichtig ist Dir die Verbindung von Musik und politischer Message?
Celia Klaue: Ich achte sehr auf Texte und die darin enthalten Botschaften, jedoch nicht ausschließlich auf politischer Ebene. Ich habe auch nichts gegen leicht verdauliche Musik, in der es einfach nur um alltägliche Dinge geht. Hauptsache, die InterpretInnen besitzen eine Credibilität, die den Texten gerecht wird und bieten mir ein Identifikationspotential. Besonders in einer männerdominierten Szene wie im HipHop, in der oft frauenverachtende Texte auftauchen, ist es für mich extrem wichtig bezüglich des textlichen Inhalts zu selektieren. Jedoch besitzt jede Subkultur ihre eigenen sprachlichen Codes und so gilt es auch im HipHop oft darum, Metaphern zu entdecken. Den politischen Rahmen bei der Veranstaltung am 8.März 2008 deckt jedoch meine Schwester ab, sie ist Kulturwissenschaftlerin und sehr engagiert auf dem Gebiet der Frauenpolitik. Politik ist immer ein sehr trockenes Thema, von daher halte ich es fuer einen guten Anlass, dieses mit musikalischer Unterhaltung zu verbinden.
AVIVA-Berlin: Welche Künstlerinnen konntest Du für "sisters are doing it for themselves" gewinnen? Kanntest Du die Künstlerinnen schon vorher oder hast du sie speziell für diese Veranstaltung gebucht?
Celia Klaue: Kat Frankie, Méral und Laing werden performen. Kat war, als sie vor drei Jahren nach Berlin kam, die Mitbewohnerin meiner Schwägerin, Ebony Browne (†2007), ihres Zeichens auch Sängerin. Ich habe sie hin und wieder im Wohnzimmer singen gehört und war schwer beeindruckt. Nun hat sie ihr Debutalbum "Pocketknife" bei Solaris Empire releast. Ich habe sie wegen des 8 März 2008 angefragt und sie hat ein paar Tage später zugesagt, was mich sehr gefreut hat, da sie gerade unentwegt tourt und sich trotzdem dafür die Zeit genommen hat.
Meral, die ich über eine gemeinsame Bekannte kenne, hatte ich bereits als Vorband für Alice Daisy gebookt und auch bei einem Illicit-Gig unterbringen können. Sie hat mir wiederum Laing empfohlen. Die Idee, am 8. März 2008, dem internationalen Weltfrauentag, Newcomer-Ladies aus Berlin eine Plattform zu geben, entstand gemeinsam mit den Bookerinnen aus dem Cafe Zapata.
AVIVA-Berlin: Wie ist die musikalische Ausrichtung bei "sisters are doing it for themselves"? Wird für jede Zuschauerin etwas dabei sein?
Celia Klaue: Auf Jeden Fall! Kat Frankie ist Singer/SongwriterIn, Fans von Leslie Feist werden sehr auf ihre Kosten kommen. Laing deckt die soulige und auch elektronische Ebene ab und Meral wird uns alle mit ihrer Band und ihrem Groove zum Schwitzen bringen.
AVIVA-Berlin: Neben dem rein weiblichen Line-Up wird es Infostände und Statements geben, die an die Benachteiligung von Frauen erinnern. Woher kommt dein eigenes Frauenbewusstsein und Interesse daran, auf Diskriminierung aufmerksam zu machen?
Celia Klaue: Wie bereits erwähnt, ist meine Schwester sehr engagiert in der Frauenpolitik und so gibt sie auch mir immer wieder Denkanstöße. Die Ungerechtigkeit auf der Welt ist groß. Auch heute verdienen Frauen weniger als Männer für dieselbe Arbeit. Ich denke, es ist vor allem wichtig, dass unsere Generation, die im Grunde sehr unabhängig und selbstbewusst heranwächst, sich das immer wieder vor Augen halten sollte.
AVIVA-Berlin: Ab April 2008 startest du eine neue Veranstaltungsreihe in Berlin, die unter dem Namen "SlamJam", die Lücke zwischen einfachen DJ-Partys, bei denen es einzig ums Tanzen und Trinken geht, und den häufig überteuerten, kommerziellen Konzerten" schließen soll. Was schwebt dir da konkret vor, v.a. auch was die "unkonventionellen Bookings" angeht, die ihr vornehmen möchtet?
Celia Klaue: Ein Freund von mir hat "Slamjam" bereits vor Jahren in Bremen ins Leben gerufen. Nun stellen wir in Kooperation mit dem 103Club in Kreuzberg an mehr oder weniger regelmäßigen Abenden ein Line-Up zusammen, welches internationalen KünstlerInnen aus der Underground-HipHop-Szene eine Plattform gibt und den ZuschauerInnen einen qualitativ hochwertigen Abend bietet, ohne sich beim Eintritt in Unkosten zu stürzen.
AVIVA-Berlin: Was wünscht Du Dir für Deine berufliche Zukunft?
Celia Klaue: Mein Traum ist, eine ganze Tour zu organisieren und als Tourmanagerin ein paar Mal im Jahr unterwegs sein zu können. Natürlich möchte ich eines Tages von einem solchen Job leben können, ohne dass ich mich der großen kommerziellen Musikindustrie unterwerfen muss. Ich hoffe, dass es immer Menschen geben wird, die sich gerne ihre eigene Meinung über Musik aneignen wollen und sich nicht nur von MTV, Universal und Co. beeinflussen lasen.
AVIVA-Berlin: Vielen Dank für das Interview und alles Gute und viel Erfolg für die Zukunft!
Weitere Infos:
Cafe Zapata: www.cafe-zapata.de
Kat Frankie: www.katfrankie.com
Méral: www.meral5.com
Laing: www.mulaingsik.de