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Beitrag vom 27.02.2008
Zeitzeuginnen gesucht
Kristina Tencic
Unter dem Titel "Fromme Verspätung?" erforscht ein Team aus Wissenschaftlerinnen das Verhältnis von religiösen Frauen zur Neuen Frauenbewegung und sucht Frauen, die hierzu etwas zu erzählen haben
Allgemein werden die Anfänge der "Neuen Frauenbewegung" in Deutschland mit Aktionen wie der Gründung von "Weiberräten" und dem Tomatenwurf auf dem SDS-Kongress 1968 assoziiert. Eine gedankliche Verknüpfung zu den religiösen Institutionen kommt normalerweise nicht vor. Die Forscherinnen um Prof. Dr. Ute Gause (Ruhr-Universität Bochum) und Prof. Dr. Gisela Muschiol (Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn) wollen diese Trennung nun aufheben und den Kontext zwischen den religiös gebundenen Frauen und der Frauenbewegung historisch aufarbeiten.
Zu erinnern ist hier etwa an den Boykott südafrikanischer Waren ab 1978, der von der Evangelischen Frauenarbeit in Deutschland initiiert wurde. Das Religions- und Konfessionsübergreifende DFG-Projekt möchte diese, in der Erinnerung vernachlässigten Akteurinnen, in Interviews zu Wort kommen lassen, und die Ergebnisse in ihre Forschung miteinbeziehen.
Der "Jüdische Frauenbund" beispielsweise (1904 von Bertha Pappenheim gegründet, JFB) forderte neben Bildung und Wahlrecht die Gleichstellung der Frau sowohl im Gemeindeleben als auch im liturgischen Bereich. Auch Bet Debora 1998 gegründet und das Netzwerk jüdischer Frauen kennzeichnen einen neuen Aufbruch, eine neue Verortung jüdischer Frauen in Deutschland. Die intergenerationellen Beziehungen zwischen den Überlebenden, der "Zweiten" Generation und deren Töchtern sollen ebenso erforscht werden wie die Korrelationen zwischen religiösem Selbstverständnis und politischer Betätigung, d.h. auch die Kontakte und Kontroversen mit der allgemeinen Frauenbewegung, mit Antisemitismus und Philosemitismus. Darüber hinaus wird die Bedeutung internationaler Begegnungen und die Entwicklungsgeschichte feministischer Theologie untersucht werden.
Zeitzeuginnen gesucht
Das Projekt "Fromme Verspätung?" sucht katholische, evangelische und jüdische Frauen, die Frauenaufbrüche zwischen den 1960er und 1990er Jahren bewusst miterlebt oder selbst mitgestaltet haben und hofft auf Ihre Teilnahme.
Ansprechpartnerinnen:
Für Katholikinnen: Regina Heyder, Universität Bonn regina.heyder@uni-bonn.de
Für Jüdinnen: Esther Jonas-Maertin, Universität Bonn e.jonas-maertin@uni-bonn.de
Für Protestantinnen: Dr. Cordula Lissner, Ruhr-Universität Bochum c.lissner@web.de
Weitere Infos finden Sie unter:www.uni-bonn.de