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Beitrag vom 13.06.2013
Moderne Minenräumkommandos - HeroRATs & HeroLADIEs. Interview mit Tesfazghi Tewelde von APOPO
Ilka Fleischer
Durch ihre aufsehenerregende Arbeit mit Minenspürratten sorgt die NGO APOPO immer wieder für Schlagzeilen. Den HeroRATs wurden nun HeroLADIEs "zur Seite gestellt". Ein Interview mit Tesfazghi...
... Tewelde.
Mit ihrem erfolgreichen Minenspürratten-Projekt HeroRAT belegt die humanitäre Organisation APOPO den dritten Platz auf der Innovationsrangliste der NGOs (Nichtregierungsorganisationen).
Nachdem die afrikanischen Riesenhamsterratten die Räumung der Provinz Gaza in Mosambik 2012 ein Jahr vor dem vereinbarten Fristablauf beenden konnten, erhielt APOPO den Auftrag, auch die Provinzen Manica, Sofala und Tete in Mosambik zu räumen. Zur Unterstützung der HeroRATs ist seit wenigen Monaten auch ein reines Frauenteam im Einsatz. Im Interview mit APOPO erläuterte der Program Manager von APOPO Mozambique, Tesfazghi Tewelde, die Hintergründe und Ziele des HeroLADIEs-Projektes.
AVIVA-Berlin: Warum wurde bei den APOPO-Minenräumprojekten bisher in reinen Männer- (und Ratten-)teams gearbeitet?
APOPO: Geschichtlich wurden in Mosambik fast alle Minenräum-Teams zunächst aus den Reihen der ehemaligen männlichen Soldaten rekrutiert, um größere Beschäftigungschancen für diese Gruppe abzusichern. Dies war Teil des Friedensabkommens. So "erbte" APOPO ein Ungleichgewicht der Geschlechter. Durch unseren Gender- und Diversity-Fokus haben wir in den letzten Jahren jedoch Chancengleichheit von Frauen und Männern bei all unseren Aktivitäten, in allen Programmen und Ländern der APOPO-Operationen vorangetrieben.
AVIVA-Berlin: Wieso wird in Mosambik jetzt (dennoch) auf geschlechtergetrennte und nicht auf Misch-Teams gesetzt?
APOPO: Das APOPO Ladies Team wurde zwar als Frauen-Team rekrutiert und trainiert, aber in der Praxis auf dem Feld sind die Damen voll integriert und gleichberechtigt mit den männlichen Minenräumern im Einsatz. Abhängig von der Situation auf dem Feld und dem jeweiligen Einsatzort arbeiten die Teams manchmal geschlechtergetrennt und manchmal gemeinsam, aber immer "Hand in Hand".
AVIVA-Berlin: Welche Aufgabenbereiche werden durch das Frauenteam abgedeckt? Und inwiefern "schleicht" sich doch öfter mal eine "klassische" Arbeitsteilung ein?
APOPO: Wir arbeiten daran, die "klassische" Arbeitsteilung der Geschlechter zu überwinden. Insofern sind die Tätigkeiten und Zuständigkeiten der Frauen identisch mit denen der Männer. Ein typischer Tag für die Mitglieder der Minenräum-Teams (männlich oder weiblich) besteht vor allem aus den Kernaufgaben Räumung der Minen, Erhalt der Minenräum- und Sicherheitseinrichtungen sowie Aufbau und Pflege des Lagers.
AVIVA-Berlin: Gibt es unterschiedliche "Lohngruppen" im Rahmen der Räumkommandos? Und besteht die Gefahr, dass durch den Einsatz von reinen Frauenteams aus der Minensuche ein Niedriglohnjob wird?
APOPO: Unsere MinenräumerInnen werden basierend auf dem Grad der Verantwortung bezahlt,zum Beispiel MinenräumerIn, TeamleiterIn, AbschnittskommandantIn etc. Die Vergütungspolitik bei APOPO ist dabei geschlechtsneutral, so dass der Einsatz von reinen Frauenteams zu keinem Lohndumping führen kann.
AVIVA-Berlin: Beim herkömmlichen Minenräumen (mit Metalldetektoren) kommt es nicht selten zu tödlichen Unfällen. Warum fördert APOPO die Gleichstellung ausgerechnet in einem derart riskanten Arbeitsbereich?
APOPO: Obwohl Minenräumung in der Tat sehr gefährlich sein kann, können die Einhaltung operativer Sicherheitsstandards und eine sorgfältige Qualitätssicherung die Risiken erheblich minimieren. Unsere MinenräumerInnen erhalten im Hinblick auf das Risikomanagement eine Spezialausbildung und APOPO tut alles in seiner Macht stehende, um die Sicherheit der MitarbeiterInnen zu gewährleisten. Ganz abgesehen davon würde es unseren Kernwerten widersprechen, die Ungleichheit der Geschlechter mit dem Risiko-Argument aufrecht zu erhalten.
AVIVA-Berlin: Inwiefern unterscheiden sich Risikobewusstsein und -verhalten bei den Frauen- und Männergruppen? Und wie sehen Unfallstatistik und Schutzmaßnahmen bei APOPO aus?
APOPO: Alle APOPO-MinenräumerInnen erhalten die gleiche (Sicherheits-)Ausbildung und arbeiten unter gleichen (Risiko-)Bedingungen mit den gleichen Sicherheits-Maßnahmen. Im Jahr 2012 gab es keine Minen-Unfälle. Zu unseren Maßnahmen zur Risikominimierung zählen unter anderem verstärkte Sicherheitsstandards durch das APOPO Standard Operating Procedure (SOP), Bewertungen und Updates, Schulungen und Auffrischungskurse sowie eine wirksame interne Qualitätssicherung.
AVIVA-Berlin: Inwiefern verfolgt APOPO weitere Gleichstellungsziele – abgesehen von der Dimension Gender/Geschlecht?
APOPO: Einer von APOPO´s Grundwerten besteht in der Förderung der Vielfalt in all ihren Facetten - neben Geschlecht also auch Alter, Religion, sexuelle Orientierung, körperliche Fähigkeiten, Nationalität oder Volkszugehörigkeit. In diesem Sinne besteht das APOPO Team aus Personen mit einen Vielzahl von "Hintergründen".
AVIVA-Berlin: Das klingt, als wären die Organisationsziele im Hinblick auf Diversity schon erreicht. Oder gibt es noch (Personal-)Pläne für die Zukunft?
APOPO: Nein, natürlich arbeiten wir daran weiter – und auch an einer ausgewogenen Beschäftigung von Männern und Frauen auf allen Ebenen der Organisation. Unsere Gender- und Diversity-Strategie umfasst unter anderem die Implementierung entsprechender Human Resource-Richtlinien und -Verfahren, die Überprüfung unserer Trainingspakete und Publikationen sowie Umfragen, um Geschlechtsneutralität und Diversity sicherzustellen.
AVIVA-Berlin: Apropos "Umfragen"... Wie wird der Einsatz der HeroLADIEs eigentlich in der Bevölkerung vor Ort aufgenommen? Werden die Frauen schief angeguckt oder eher bewundert?
APOPO: Die lokale Bevölkerung ist sehr dankbar und unterstützt APOPO´s Arbeit – und natürlich auch das Frauenteam. Auf unserer Facebook-Seite hinterließ uns jemand kürzlich die Aufmunterung:
"Wishing all the best Ladies.... I have been there, you real good.. I appreciate!!. Keep it on."AVIVA-Berlin: Das können wir nur unterstreichen! Vielen Dank für das Interview.(Copyright für alle Bilder: APOPO)Weitere Informationen finden Sie unter:APOPO APOPO auf FacebookTop 100 NGOsWeiterlesen auf AVIVA-Berlin:Interview mit Eva Maria Fischer von Handicap International zum Antiminentag am 4. April 2013