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AVIVA-BERLIN.de im November 2024 - Beitrag vom 15.09.2010


Interview mit Nana A.T. Rebhan
Britta Meyer

Nana A.T. Rebhans Dokumentarfilm "Berlin: Hasenheide", der am 14.10.2010 in den Kinos startet, zeichnet ein alternatives Bild des für seine Drogenkriminalität berüchtigten Berliner Volksparks...




... und seiner regelmäßigen, zum Teil schrägen und unvergesslichen BesucherInnen.

Nana A.T. Rebhan studierte von 2001 bis 2006 an der DFFB (Deutsche Film- und Fernsehakademie Berlin) und spezialisierte sich dabei auf Dokumentarfilm, in den Bereichen Regie, Kamera und Produktion. Sie drehte Dokumentarfilme wie "Osmans Land" (2004) und "Skarbek" (2006), wirkte als Regisseurin, Kamerafrau und Produzentin an experimentellen Spielfilmen mit, und arbeitet seit einigen Jahren als freie Filmkritikerin und Redakteurin für ARTE online und Fluter.

AVIVA-Berlin hatte die Gelegenheit, die Regisseurin, die seit vielen Jahren im Schillerkiez in Berlin-Neukölln wohnt und regelmäßig durch die Hasenheide joggt, anlässlich des baldigen Kinostarts ihres neuen Dokumentarfilms "Berlin: Hasenheide" zu interviewen.

AVIVA-Berlin: Neben Ihrer Arbeit für ARTE online und Fluter haben Sie in den letzten Jahren bereits mehrere Filmprojekte, sowohl Dokumentationen, als auch Spielfilme, verwirklicht. Was unterscheidet "Berlin: Hasenheide" von Ihren bisherigen dokumentarischen Filmen?
Nana A.T. Rebhan: In meinen vorhergehenden Filmen waren immer Personen die Hauptdarsteller. In "Berlin: Hasenheide" ist es der Park selbst, wie es schon der Titel verrät. Aber natürlich geht es auch um viele, sehr unterschiedliche Menschen, die "Stammgäste" des Parks, die diesen mit Leben füllen.

AVIVA-Berlin: In "Berlin: Hasenheide" sprechen Sie im Park die verschiedensten Charaktere an, manche davon sind exzentrisch wirkende EinzelgängerInnen, andere feste Personengruppen. War es einfach, mit den "HasenheidenerInnen" in Kontakt zu kommen? Wie reagierten die einzelnen ProtagonistInnen auf ein Fragen stellendes Kamerateam?
Nana A.T. Rebhan: Die Reaktionen waren so unterschiedlich wie die Menschen selbst es sind. Die Fußballspieler, die überwiegend aus afrikanischen Ländern stammen, reagierten anfangs etwa sehr skeptisch auf eine Kamera, da bereits ein Team eines privaten Senders mit ihnen gedreht hatte und diese Szenen dann anschließend in einen ganz anderen Kontext gestellt hat. Auf einmal waren sie dann die "Dealer" der Hasenheide. Sie wollten natürlich vermeiden, dass so etwas noch einmal passiert, fassten nach einer Weile aber dann doch Vertrauen zu mir und meiner Arbeitsweise. Die Nudisten dagegen waren von Anfang an sehr aufgeschlossen. Ich wollte einige von ihnen als Protagonisten gewinnen, wollte sie aber nicht voll bekleidet ansprechen. Also machte ich einen Aushang, auf dem ich mein Vorhaben beschrieb. Als ich gerade dabei war, diesen an einem Baum in der Nähe der Wiese zu befestigen, kamen gleich die ersten Nackten neugierig an und fragten, ob sie mitmachen dürften. Das waren die Jungs mit dem Schwimmbecken...

AVIVA-Berlin: Seit den Dreharbeiten 2008 hat eine öffentlich wahrnehmbare Umdefinierung des Stadtteils Neukölln hin zum schicken Szenebezirk stattgefunden. Die Medienberichterstattung wechselte von Warnungen vor dem gefährlichen Ghetto hin zu Beschreibungen Neuköllns als lebendigem Kiez für Besserverdienende. Haben Sie durch die mediale Aufwertung des Bezirks bereits konkrete Veränderungen im Volkspark feststellen können?
Nana A.T. Rebhan: Im Park selbst konnte ich bislang noch keine Veränderungen wahrnehmen. Auch in der Hasenschänke, dem bislang einzigen "Lokal", mit Kioskcharakter hat sich noch nicht viel verändert, weder beim Angebot noch bei den Gästen. Bionade und Latte Macchiato sucht man bislang da zum Glück noch vergeblich. Wer Durst hat, wird mit Rixdorfer Fassbrause belohnt.

AVIVA-Berlin: Ihr Portrait der Hasenheide zeigt bewusst andere Seiten der Hasenheide, als die eines durch Drogenhandel gefährlichen Ortes. Dies war Ihnen ein besonderes Anliegen, da die Heide seit Jahren Ihr Lieblingspark in der direkten Nachbarschaft ist. Planen Sie vergleichbare Dokumentationen anderer Bezirke und besonderer Berliner Orte? Kann das vielleicht eine Serie werden?
Nana A.T. Rebhan: Dokumentationen anderer Bezirke plane ich nicht, denn meine Wahlheimat Neukölln ist mir ein Anliegen. Es gibt ein weiteres filmisches Projekt, das sich mit den Veränderungen dieses Bezirks beschäftigt.

AVIVA-Berlin: Sie inszenieren im Film den Raum des städtischen Parks als einen Ort, an dem Privatsphäre und Öffentlichkeit ineinander übergehen. Warum dienen gerade die Parks der Großstadt als Plattform solch öffentlich gelebter Persönlichkeit?
Nana A.T. Rebhan: In einkommensschwachen Bezirken wie etwa in Neukölln haben viele Bewohner in ihren vier Wänden nicht die Möglichkeiten, die ihnen ein Park bietet. Deshalb werden gerade in diesen Bezirken Parks exzessiv genutzt: als Wohnzimmer, wie etwa bei den feiernden Türken, als Sportplatz wie bei den Fußballspielern - obwohl Fußballspielen im Park eigentlich verboten ist - oder als Schwimmbadersatz, weil der Besuch eines öffentlichen Freibades schlichtweg zu teuer ist.

AVIVA-Berlin: Im Film zeigen Sie unter anderem die feierliche Einweihung eines Tempels der hinduistischen Gottheit Sri Ganesha. SponsorInnen sollten den weiteren Tempelbau ermöglichen. Was ist inzwischen aus diesem Tempel inmitten der Hasenheide geworden? Haben sich SponsorInnen eingefunden?
Nana A.T. Rebhan: Seit der Grundsteinlegung am 4. November 2007 sind nun schon fast drei Jahre vergangen. Am 20. Januar 2009 wurde die Baugenehmigung erteilt, und es wird sich zeigen, wie lange es dauert, bis die interkulturelle Begegnungsstätte fertig gestellt ist.

AVIVA-Berlin: Die von Ihnen interviewten Personen sind "Stammgäste" des Volksparks. Hat sich die Zusammensetzung der festen "HasenheidenerInnen" seit dem Dreh verändert, sind manche aus dem Park verschwunden, bzw. neue hinzugekommen und wenn ja, welche?
Nana A.T. Rebhan: Viele der Menschen, die ich in meinem Film porträtiert habe, treffe ich immer wieder mal beim Spazierengehen oder beim morgendlichen Joggen. Das ist sehr nett, sie grüßen mich freundlich, wir plaudern ein wenig. Durch das vom Privaten Museum finanzierte Tiergehege, in dem es sogar Lamas und ein Kamel gibt, kommen in den letzten Jahren zusätzlich viele kleine Kinder mit ihren Eltern in den Park, der zunehmend auch von Kitas genutzt wird, auch wegen des geräumigen Spielplatzes in der Mitte des Parks. Die Dealer hingegen stört dies nicht, sie stehen immer noch an ihren angestammten Orten und grinsen lässig, wenn man an ihnen vorbeijoggt.

AVIVA-Berlin: Danke für das Interview und viel Erfolg mit dem Film und für alle weiteren Projekte!

Den Trailer zu "Berlin: Hasenheide" finden Sie unter: www.youtube.com

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Berlin: Hasenheide. Ein Film von Nana A.T. Rebhan


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Britta Meyer