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Beitrag vom 08.10.2007
Berliner Juden 1941 – Namen und Schicksale
Annegret Oehme
Hartmut Jäckel und Hermann Simon haben das letzte amtliche Fernsprechbuch der Reichspostdirektion Berlin im Hentrich und Hentrich Verlag herausgegeben und kommentiert.
Am 19. Juli 1940 erließ das Reichspostministerium ein weiteres Verbot in der Reihe der Restriktionen, das deutsche JüdInnen als FernsprechteilnehmerInnen ausschloss. Ihre Telefon wurden eingezogen und sie durften die Anschlüsse von NachbarInnen oder öffentliche Telefone nicht mehr benutzen.
Im Fernsprechbuch des Jahres 1941 sind noch knapp 520 jüdische AnschlussbesitzerInnen zu finden. Einige unter ihnen sind Anwälte und ÄrztInnen, die einen Sonderantrag genehmigt bekamen. Sie durften zwar noch praktizieren, aber nur noch jüdische PatientInnen behandeln. Eine weitere Gruppe wird noch vom Centrum Judaicum, in dessen Schriftenreihe auch das vorliegende Buch erschienen ist, erforscht. Es scheint plausibel, dass einige bedeutende Vertreter der jüdischen Gemeinde und AusländerInnen ebenfalls einen Ausnahmeantrag bewilligt bekamen, darunter auch Leo Beck, Gemeinderabbiner und Vorsteher der Reichsvereinigung der Juden in Deutschland, und der Rabbiner Emil Rosenwasser.
Um den Telefonanschluss behalten zu können, musste ein Sonderantrag gestellt werden, der jeweils vom Reichspostministerium bearbeitet wurde. Sollte man keine Sondergenehmigung beantragt, das Telefon aber auch nicht gemeldet haben, wurde Anzeige erstattet. Es gab einige jüdische BürgerInnen, die dies vergaßen oder es bewusst geheim hielten.
Etwa 188 von ihnen wurden durch die Briefträger denunziert.
Das Erscheinen des letzten amtlichen Fernsprechbuches 1941 hat ein Großteil der darin verzeichneten jüdischen Personen nicht mehr erlebt.
Um gegen das Vergessen vorzugehen, haben der Student Jakob Hübner, der Politikwissenschaftler Hartmut Jäckel, die Sprachwissenschaftlerin Anna Kaminsky und der Leiter des Centrum Judaicum, Hermann Simon, in mühseliger und langwieriger Arbeit das Verbleiben der erwähnten Personen zu rekonstruieren versucht, was ihnen in bei einem Großteil der Fälle auch gelungen ist. Dass seit 1980 an dem Fernsprechbuch gearbeitet wurde, belegt, welche Recherchearbeit dazu von Nöten war.
Die Einträge im amtlichen Fernsprechbuch von 1941 sind als Faksimile wiedergegeben. Darunter finden sich biografische Angaben, einige Fotografien und weitere Ergänzungen.
Auf vier Personen wird in umfangreicheren Aufsätzen noch einmal gezielt eingegangen.
AVIVA-Tipp:
Der Titel "Namen und Schicksale" des Buches weißt deutlich darauf hin, welche Bedeutung dem letzten Berliner Fernsprechbuch als Dokument zukommt. Die unzähligen Stunden, die alle MitarbeiterInnen in Archiven über alten Dokumenten verbrachten sind nicht umsonst gewesen, denn das Ziel, den Namen und Telefonnummern die Biografien und Schicksale zurückzugeben, ist geglückt.
Zudem wird mit diesem Projekt auch an die weniger oder gar unbekannten jüdischen BürgerInnen Berlins erinnert.
Berliner Juden 1941 Namen und Schicksale
Hartmut Jäckel / Hermann Simon (Herausgeber)
Schriftenreihe des Centrum Judaicum, Band 4
160 Seiten, Festeinband
Hentrich und Hentrich Verlag, erschienen Oktober 2007
ISBN 978-3-938485-42-2
19, 90 Euro