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Beitrag vom 01.02.2008
Misogynie - Die Geschichte des Frauenhasses
Stefanie Denkert
Der irische Autor Jack Holland hat die Ursprünge und Auswirkungen der Misogynie in der westlichen Welt von der Antike bis zur Gegenwart untersucht. Posthum wurde nun sein Manuskript veröffentlicht.
Eher selten befassen sich Männer ausführlich mit Frauenfeindlichkeit und machen es sich zur Aufgabe, eben diese zu bekämpfen. Da Männer seit der Antike vom Sexismus profitiert haben, gibt es auch für die meisten keinen Anlass, dagegen zu protestieren. Der irische Autor und BBC-Journalist Jack Holland, aufgewachsen in einem Frauenhaushalt, verheiratet und Vater einer Tochter, fragte sich, wie die mal eher subtile und häufig auch gewalttätige Unterdrückung der Frauen zu erklären ist. Das Ergebnis seiner Nachforschungen wurde, dank seiner Tochter, posthum veröffentlicht.
Jack Holland sucht nach dem Ursprung der Misogynie und stößt dabei immer wieder auf den Schöpfungsmythos. Bei den Griechen war es Pandora, die mit dem Öffnen der Box das Unheil brachte, bei den Christen war es Eva. Er stößt auf männliche Philosophen wie Platon und Aristoteles im alten Griechenland, die den Frauenhass weiter tragen, und auch bei späteren Denkern wie Rousseau und Otto Weininger findet Holland aberwitzigste Begründungen für ihre Theorien der "naturgegebenen Minderwertigkeit" der Frau. Von gesetzlichen Regelungen zur Benachteiligung von Frauen, über Hexenverfolgung, oder Massenvergewaltigung im Krieg bis zu Klitorisbeschneidungen - Holland beschreibt in seiner Kulturgeschichte des Frauenhasses alle Maßnahmen der Unterdrückung.
Im Einklang mit zeitgenössischen feministischen DenkerInnen verurteilt er den Dualismus, denn in der dualistischen Denkweise läge quasi der Hund begraben: mit dem Entweder/Oder-Schema lässt sich die Komplexität der Welt - und deswegen auch die der Geschlechter - nicht erfassen. Entweder Hure oder Jungfrau, entweder rational oder emotional, männlich oder weiblich – die Liste der falschen Dualismen ist lang und trotzdem sind sie beständig. Holland fordert "Gerechtigkeit, Gleichbehandlung und Achtung vor der Würde des Einzelnen", denn trotz biologischer Geschlechtsunterschiede überwiegen die Gemeinsamkeiten zwischen Männern und Frauen sowie die individuellen Unterschiede zwischen den einzelnen Menschen.
AVIVA-Tipp: Gäbe es keinen Beweis für all die Frauenfeindlichkeit in der Geschichte der Menschheit, würde man Jack Holland wohl als einen Verschwörungstheoretiker abtun. Durch seine polemische Sprache neigt man dazu, ihn manchmal wirklich auch für diesen zu halten, aber dann lassen einen die Fakten doch einfach nur wütend oder fassungslos werden. Vor allem Geschichtsinteressierte werden ihre Freude an "Misogynie" haben. Da Frauen und Minderheiten in den gängigen Geschichtsbüchern immer noch eine Randerscheinung darstellen, sollte jede Frau und jeder Mann wenigstens einmal ein Buch über die Menschheitsgeschichte mit Fokus auf Frauen gelesen haben - und dafür ist das sehr umfassende "Misogynie" definitiv zu empfehlen!
Zum Autor: Jack Holland (1947-2000) wuchs bei seiner Großmutter in Belfast auf. Hier produzierte er viele zeitgeschichtliche Sendungen der BBC Belfast. Von 1977 an lebte Holland als freier Schriftsteller in New York. Er veröffentlichte vier Romane und sieben Sachbücher vor allem zur politischen Lage in Nordirland. Sein letztes Buch "Misogynie", lag ihm jedoch laut Aussage seiner Tochter am meisten am Herzen.
Weitere Infos unter: www.jackholland.net
Jack Holland
Misogynie. Die Geschichte des Frauenhasses
Verlag: Zweitausendeins. Deutsche Erstausgabe, Oktober 2007
Übersetzt von Waltraud Götting
Mit einem Nachwort von Marlene Streeruwitz.
406 S., Fester Einband
GP. Nr. 200328
19,90 Euro
Sprache: Englisch, Deutsch
ISBN-10: 3861507935
ISBN-13: 978-3861507932