101 Frauen der deutschen Wirtschaft - Aviva - Berlin Online Magazin und Informationsportal für Frauen aviva-berlin.de Literatur



AVIVA-BERLIN.de im November 2024 - Beitrag vom 31.12.2003


101 Frauen der deutschen Wirtschaft
Ilka Fleischer

Die Businessfrauen-Sammlung fasst eine Serie der Financial Times Deutschland zusammen, in der 101 Vertreterinnen unterschiedlichster Wirtschafts-Bereiche vorgestellt wurden.





"Leicht waren sie nicht zu finden, die Frauen, die es in der deutschen Wirtschaft zu etwas gebracht haben. In den Chef-Etagen der Dax-Unternehmen sitzt keine, auch bei anderen namhaften Firmen sind weibliche Führungskräfte dünn gesät." Mit diesen Worten kommentiert Ileana Grabitz in ihrem Beitrag "Alpha-Weibchen" die von Christoph Keese und Wolfgang Münchau herausgegebene Kollektion. Der Koordinator der FTD-Serie "101 Frauen der deutschen Wirtschaft" wartet mit dem statistischen Fundament auf: Nur elf Prozent aller deutschen Chefsessel sind von Frauen besetzt, bei großen Unternehmen finden sich sogar nur sechs Prozent der Führungspositionen in weiblicher Hand - Tendenz fallend.

Trotz der raren Gemeinsamkeit "beruflicher Erfolg", die alle vorgestellten Damen verbindet, haben die einzelnen AutorInnen der Financial Times doch sehr unterschiedliche Frauen porträtiert: Von Schwester Theodolinde Mehltretter, die als Geschäftsführerin der Adelholzener Alpenquellen zwar nur 10 Euro im Monat verdient, aber dennoch den Betrieb mit 460 MitarbeiterInnen managt. Bis hin zu Verona Feldbusch, die neben den Titeln "Luder" und "Dummchen der Nation" auch einen gewissen Ruhm als gewiefte Geschäftsfrau erlangt hat. Seit dem Jahrtausend-Wechsel leitet sie ihr eigenes Unternehmen, die Verona´s Dreams AG - mit "gutem siebenstelligen Umsatz".

Neben den Profilen dieser beiden konträren Business Ladies werden 99 weitere Erfolgs-Biographien von Frauen vorgestellt, die nicht weniger faszinierend sind und sicherlich eine Role-Model-Funktion einnehmen können, wie Bundesministerin Renate Schmidt in ihrem Vorwort in Aussicht stellt:
"Die 101 Frauen können Vorbild sein. Jede von ihnen zeigt in ganz unterschiedlichen Branchen und Bereichen, dass Erfolg und Macht und Frau-Sein sich nicht nur nicht ausschließen, sondern sich prächtig ergänzen."

Eigentlich wird "101 Frauen der deutschen Wirtschaft" allerdings gerade da interessant, wo nicht die allzu gängige Thematik egalitärer Macht-(Um-)Verteilung im Vordergrund steht und der Klagegesang mit dem Tenor "Frauen müssen immer doppelt so viel leisten..." endet. Gerade hier liegt die Stärke einzelner Beiträge: In der Betonung anderer Wertmaßstäbe und der Profilierung unterschiedlichster Vertreterinnen der Gattung "Karrierefrau", die sich nicht in den Vorgaben herkömmlicher Gleichstellungspolitik verbeißen und bewusst "aus den Fußstapfen" der Old Boys heraustreten.

Eine ungewöhnliche Vorbildfunktion bietet in diesem Sinne z.B. Gabriele Fischer, die vor vier Jahren das junge Wirtschaftsmagazin "Brand Eins" gegründet hat, ohne bislang schwarze Zahlen zu schreiben. Als Chefredakteurin steht für sie stattdessen "guter Journalismus" im Mittelpunkt - Erkenntnisgewinn als Motiv für LeserIn wie AutorIn. In seinem sensiblen Porträt der "Brandstifterin" konstatiert Michael Prellberg: "Sie kann sich klein machen. Muss nicht den Boss raushängen lassen, braucht nicht die mehr oder minder subtilen Insignien der Macht." Und Gabriele Fischer meint: "Wenn alles den Bach runtergeht, kann ich immer noch Autos vermieten." Womit sie auf ihre Zeit als Promotion-Girl nach dem Studium anspielt - und auf eine gesunde Portion mangelnden "Ehrgeiz".

Neben den Businessfrauen-Profilen - ihrer Vielfalt und Vitalität - liegt der Reiz dieser seltenen Sammlung von Erfolgsstories vor allem in den kompetenten Hintergrundbeiträgen. Hierbei werden zum einen die Geschäfts-Bereiche Werbung, IT, Automobilindustrie, Mode, Medien, Politik, Finanzdienstleistungen, Consulting und Touristik gender-sensitiv beleuchtet. Zum anderen stehen auch grundsätzlichere Überlegungen zum Themenfeld "Frauen - Macht - Karriere" im Focus, allen voran die Frage: Woran liegt´s, dass Frauen inzwischen mit besseren Abschlüssen ins Berufsleben starten, aber dennoch selten die oberen Sprossen der Karriereleiter erklimmen?
In seinem Beitrag "Warum Frauen längst die Nase vorn haben" bietet Michael Prellberg drei Antwort-Optionen: "An den Männern. An den Frauen. An den Umständen." Und er resumiert: "Alle Antworten sind richtig."

Alle drei Antworten werden in den 101 Profilen plus Background praxisnah verdeutlicht und in Beziehung gesetzt.



101 Frauen der deutschen Wirtschaft.
Herausgegeben von Christoph Keese und Wolfgang Münchau

Gabler 2003
Gebundene Ausgabe - 243 Seiten
ISBN: 3409150110
Preis: EUR 29,90200852816075" .





Literatur

Beitrag vom 31.12.2003

AVIVA-Redaktion