Else Lasker-Schüler - Denk dir ein Wunder aus. Herausgegeben und mit einem Nachwort versehen von Brigitte Landes - Aviva - Berlin Online Magazin und Informationsportal für Frauen aviva-berlin.de Literatur



AVIVA-BERLIN.de im November 2024 - Beitrag vom 27.08.2015


Else Lasker-Schüler - Denk dir ein Wunder aus. Herausgegeben und mit einem Nachwort versehen von Brigitte Landes
Angelina Boczek

Eine kleine Kostprobe vom Schaffen der Dichterin Else Lasker-Schüler, die exemplarisch zeigt, wie unvergleichlich sie Sprache "verdichtete". Es handelt sich bei dieser Anthologie um Texte, die...




... die Schauspielerin Angela Winkler an ihren Else-Lasker-Schüler-Abenden vorlas, Titel: "Ich bin die Else Lasker-Schüler – leider."

Angela Winkler spielte in ihren jungen Jahren die Figur des Lieschen Puderbach in "Die Wupper", dem großen Theaterstück der Lasker-Schüler und später auch die Dichterin selbst in dem inszenierten Bühnen-Portrait "Die Reise nach Jerusalem".

"´Sie begleitet mich schon seit so vielen Jahren und ist immer wieder eine Entdeckung für mich´, sagt Angela Winkler über Else Lasker Schüler. ... Leider übersieht man zu oft ihren Humor, ihren Witz´." In diesem Bändchen wurde nicht gespart an witzigen Zitaten aus Briefen und Gedichten: "Hurrah, lieber Herwarth, liebes Kurtchen!!! Hurrah! / Meine Zwillingskusinen-Theresen, Therese Tiergarten, Therese Matthäikirchplatz schenken mir zu Weihnachten einen Pelzmantel. Mein heißester Wunsch. Im Sommer werde ich ihn versetzen, schon der Hugemotten wegen."

Else Lasker-Schüler hat im wahren Leben Bekanntschaft schließen müssen mit dem Leihhaus, da sie unter chronischer Geldnot litt, ihre Bittbriefe um Geldzuwendungen sind legendär und auch die Klagen gegenüber ihren Verlegern wegen der Tantiemen.

"Man kannte sie. Sie gehörte zur Avantgarde", schreibt die Herausgeberin Brigitte Landes im Nachwort. "Karl Kraus förderte und verehrte sie, auch Gottfried Benn, ... schätzte sie, sie war mit Peter Hille befreundet, mit dem Maler Franz Marc, mit Franz Werfel, Wieland Herzfelde, Johannes R. Becher und Ernst Toller".

In Wuppertal wurde sie als Elisabeth Schüler 1869 geboren, sie wuchs in einem jüdisch-bürgerlichen Elternhaus auf, heiratete 1894 den Arzt Jonathan Berthold Lasker, mit dem sie nach Berlin zog. 1903 heiratete sie erneut, den Schriftsteller Georg Lewin, von ihr umbenannt in Herwarth Walden. 1912 wurde auch diese Ehe geschieden. Im Jahre 1899 wurde ihr Sohn Paul geboren, unehelich, der im frühen Alter von 28 Jahren zum großen Schmerz seiner Mutter starb.

Bereits in der ersten Berliner Zeit begann sie, Gedichte zu veröffentlichen und 1901 ihr erstes Buch mit Gedichten, "Styx". Unermüdlich "nahm sie die modernen Strömungen der bildenden Kunst auf, war eine moderne Künstlerin, die vor dem Experiment mit sich selbst nicht zurückschreckte." Dazu gehörte eine damals bestaunte Kostümierung, Else stilisierte sich durch Kleidung, die vergleichbar war mit späteren Hippie-Outfits: Glöckchen an den Sandalen, indische Tücher, Samtjacken, weite Umhänge, alles garniert mit vielen bunten Armreifen, Ketten und Fingerringen. So trat sie bei ihren Lesungen auf und im Café des Westens, DEM Treffpunkt der Berliner Bohéme.

Sie beschäftigte sich mit Bildender Kunst, illustrierte ihre Bücher, schuf ein umfangreiches Werk an Bildern, die lange wenig beachtet blieben, ein großer Teil ging verloren. Erst 2010 konnte das Jüdische Museum Frankfurt am Main eine Ausstellung organisieren (die auch in Berlin gezeigt wurde), in der das bildkünstlerische Werk zu sehen war und "die umfassende Bedeutung Else Lasker-Schülers für die klassische Moderne" sichtbar machte.

"Nachdem sie 1933 vor den Nationalsozialisten die Flucht in die Schweiz ergriffen hatte, musste sie bis zu ihrem Tod 1945 im Exil leben. … Sie hatte den Boden unter den Füßen verloren. Doch sie schrieb weiter, Prosa, Gedichte und viele Briefe und ihr letztes Theaterstück ´Ichundich´. Aber sie blieb die ´Verscheuchte´, wie eines ihrer schönsten Gedichte heißt. Sie starb 1945 in Jerusalem, in ihrem Hebräerland, von dem sie zutiefst enttäuscht war."

Lasker-Schülers Exilgeschichte war besonders perfide, da sie mittellos und allein unterwegs war, die Schweizer Behörden sorgten, trotz der Fürsprache Schweizer Bürger_innen, für eine Ausweisung nach Palästina. Als alleinstehende Frau, die zudem als kuriose Erscheinung galt, hatte sie es schwer, gleichgesinnte Freunde und Freundinnen an sich zu binden und musste in Jerusalem Kränkung und Zurückweisung erleben. Ihr geliebtes Berlin war Teil der Welt geworden, die "verrohte".

AVIVA-Tipp: Da Else Lasker-Schülers "Anziehungskraft" nicht nachlässt, ist dieser kleine Band der Insel-Bücherei wie geschaffen für Entdecker_innen, die die jüdische Berliner Dichterin kennenlernen sollten. Auf dem Buchmarkt und im Antiquariatshandel lassen sich Werkausgaben erwerben, Gedichtbände und der Katalog der Ausstellung "Die Bilder" erschienen im Suhrkamp Verlag. Es gab einige Biographien zu Else Lasker-Schüler, in denen ihr Leben ausführlich nachgezeichnet wird.

Zur Herausgeberin: Brigitte Landes, geboren 1946 in Frankfurt/Main.
Von 1972 bis 94 Dramaturgin am Frankfurter TAT, Lektorin im Verlag der Autoren, Dramaturgin am Deutschen Schauspielhaus in Hamburg sowie am Thalia Theater Hamburg, ab 1990 Chefdramaturgin. Seit 1994 Inszenierungen in Frankfurt am Main, am Staatstheater Kassel, am Berliner Ensemble, am Staatsschauspiel Dresden, am Theater der Stadt Heidelberg und am Nationaltheater Weimar. Seit 1994 freiberuflich tätig als Autorin, Übersetzerin und Dramaturgin. Seit 2001 freie Mitarbeiterin beim Suhrkamp Verlag.
Mehr Infos unter: www.verlagderautoren.de
(Quelle: Verlag der Autoren)

Else Lasker-Schüler: "Denk dir ein Wunder aus"
Herausgegeben und mit einem Nachwort versehen von Brigitte Landes

Berlin 2014. Insel Verlag.
Insel-Bücherei Nr. 1394
78 Seiten. Gebundener Kartonband.
ISBN 978-3-458-19394-5
Euro 13,95
www.suhrkamp.de

Mehr Infos auch den Seiten der Else-Lasker-Schüler-Gesellschaft e.V., unter:

www.else-lasker-schueler-gesellschaft.de

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