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Beitrag vom 10.04.2016
Elisabeth Meyer-Renschhausen - Urban Gardening in Berlin. Touren zu den neuen Gärten der Stadt
Sharon Adler
Die Gründerin und Mitinitiatorin zahlreicher Gemeinschaftsgarten-Projekte arbeitet seit Jahrzehnten intensiv mit den Themen Ernährung, Urban- und Guerilla Gardening und Interkulturelles Gärtnern von Berlin bis New York. In ihrer Publikation...
... "Urban Gardening in Berlin" stellt Elisabeth Meyer-Renschhausen, PD Dr. für Geschlechtersoziologie und Kultursoziologie an der FU Berlin, Grüne Oasen und deren soziokulturelle und historische Entwicklung in der (Haupt-)Stadt vor.
Im Fokus hat sie dabei die vielfältigsten Formen - von selbstverwalteten oder durch das Amt für Stadtentwicklung und die Quartiersmanagements unterstützte Gärten und Gartenkolonien – neuer urbaner Agrarkultur.
Wer jetzt befürchtet, es handele sich hier um eine trockene wissenschaftliche Abhandlung, kann beruhigt aufatmen. "Urban Gardening in Berlin" ist viel mehr als ein praxisbezogenes Handbuch, und ganz dicht dran an der Realität der Akteur_innen, die diese Stadt nicht nur für einige wenige Privilegierte, sondern für uns alle ein wenig grüner machen wollen. Nicht unerwähnt sein soll dabei die Tatsache, dass die meisten dafür ehrenamtlich Zeit und Eigenmittel einbringen, denn nicht immer werden die Projekte finanziell unterstützt. Und dass, obwohl die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt eigens ein Programm zu Förderung entwickelt hat, das "Programm produktiver Stadtlandschaften".
Für ihre Recherchen reiste Elisabeth Meyer-Renschhausen kreuz & quer durch Berlin – in die Mitte und alle Randbezirke - traf Organisatorinnen (hauptsächlich Frauen) und fasste die Ergebnisse in elf mit "Touren" betitelten Kapiteln zusammen, die nun in Buchform vorliegen.
Auf 189 Seiten werden über 70 ambitionierte Berliner Gartenprojekte fernab jeder Gartenzwerge-Kulisse mit seinen unterschiedlichen Konzepten des Urban Gardening in Text und Foto vorgestellt.
Gärten – Orte der Begegnung. Gestern und Heute
Diente Ende des 19. Jahrhunderts der Garten vor allem der Kultivierung von Nutzpflanzen und dem Anbau von Obst und Gemüse für "arme Leute", waren kultivierte Gärten mit einheimischen oder exotischen Pflanzen und Baumbestand vor allem der Oberschicht vorbehalten.
Wurde "Berlin im Grünen" also lange Zeit ausschließlich mit Parkanlagen für Privilegierte oder spießigen "Laubenpieper-Kolonien" und "Schrebergärten" assoziiert, hat vor allem die Öffnung des Tempelhofer Felds im Jahr 2011 mit seinen selbstverwalteten Gemeinschafts-Gärten und phantasievollen Hoch- und Kistenbeeten den Blick freigemacht auf den Anbau von Gemüse als Selbsthilfe und einen aktiven Beitrag zum Umweltschutz oder der Integration von Migrant_innen in Interkulturellen Gärten. Der Samen für Urban Gardening wurde jedoch vor allem in den 1970er Jahren gepflanzt: Durch die Frauen, denen die Autorin schon in ihren Studien besonderes Augenmerk richtete.
Mitten in der Großstadt zu wohnen und trotzdem das eigene Gemüse anpflanzen, kultivieren und schließlich ernten zu können, ist in Berlin also schon lange keine Utopie mehr.
Gemeinsam mit Kolleg_innen und Studierenden gründete Elisabeth Meyer-Renschhausen die Arbeitsgruppe "Kleinstlandwirtschaft und Gärten in Stadt und Land" und organisierte diverse Konferenzen zum Thema. Das mündete 2004 in ihrer Buchveröffentlichung "Unter dem Müll der Acker - Community Gardens in New York City" (Ulrike Helmer Verlag). Hier beschäftigte sie sich mit den nachbarschaftlich begrünten ehemaligen Müllhalden in der Millionen-Metropole, von denen es heute circa eintausend gibt.
So lautet dann auch die politische Forderung der Autorin an den Berliner Senat, Brachflächen ohne Altlasten für gärtnerische Zwecke freizugeben und zu unterstützen. Nicht zuletzt deswegen, um Menschen, die auf dem Arbeitsmarkt keine oder geringe Chancen haben, zurück in den Beruf zu bringen.
AVIVA-Tipp: "Urban gardening in Berlin" hält fundierte Informationen zu Geschichte und Initiativen der Gegenwart bereit - für historisch und politisch Interessierte ebenso wie für angehende und etablierte Landschaftsgärtner_innen, oder Alt- und Neu-Berliner_innen. Daneben liefert die Veröffentlichung vielfältige Impulse, sich einzubringen und zeigt wunderschöne Orte der Hauptstadt, die es zu entdecken und unterstützen gilt.
Zur Autorin: Elisabeth Meyer-Renschhausen lebt als freischaffende Autorin und Journalistin in Berlin und ist Gründerin und Mitinitiatorin zahlreicher Gemeinschaftsgarten-Projekte.
Nach einem Studium der Sozialwissenschaften, Geographie, Politologie und Germanistik in Marburg und Bremen, einer Doktorarbeit zur Entwicklung der Ersten Frauenbewegung, habilitierte sie sich später für Allgemeine Soziologie am Fachbereich Philosophie und Sozialwissenschaften der Freien Universität Berlin.
Seit Jahrzehnten befasst sie sich intensiv mit den Themen Ernährung, Urban Gardening, Interkulturelles Gärtnern, sozialen Bewegungen, urbaner und ländlicher Entwicklung im Globalisierungsprozess, Neuer Armut, Gender- und Frauenforschung und Anthropologie der Ernährung sowie mit Hochschulpolitik.
Neben ihrer Lehrtätigkeit an der Freien Universität und an der Humboldt-Universität zu Berlin ist sie Mitglied in verschiedenen Vereinen und Initiativen und bietet regelmäßig Exkursionen zu den alten und neuen Stadtgärten Berlins an - oft per Fahrrad. Elisabeth Meyer-Renschhausen bietet Seminare in Theorie und Praxis zu den Themen Stadtsoziologie, Urban Agriculture, Community Gardening an.
Zahlreiche Publikationen (zuletzt »Die Hauptstadtgärtner – Eine Anleitung zum Urban Gardening«, 2015), Bücher und Artikel, Vorträge und Seminare.
(Quelle: Homepage von Elisabeth Meyer-Renschhausen)
Mehr Infos und Kontakt: www.breigarten.de und www.polsoz.fu-berlin.de
Elisabeth Meyer-Renschhausen
Urban Gardening in Berlin
Touren zu den neuen Gärten der Stadt
be.bra verlag, erschienen Februar 2016
192 Seiten, 184 Abb., 1 Karte, 135 x 210 mm, Paperback
ISBN 978-3-8148-0204-6
16,00 Euro
www.bebraverlag.de
Mehr zum Thema:
www.gartenkarte.de
Die "Berliner Gartenkarte" ist das Ergebnis eines gemeinschaftlichen Kartierungsprozesses von Geographiestudentinnen und Agrarforscherinnen in Zusammenarbeit mit der urbanen Gartenbewegung. Die Einbindung der studentischen Initiative in beide Projekte erfolgte in Absprache zwischen der ideenwerkstatt workstation e. V., dem Allmende-Kontor sowie den Projekten "Urban Gardening in Berlin" und "INNSULA".
Weiterlesen auf AVIVA-Berlin:
Esskulturen. Gutes Essen in Zeiten mobiler Zutaten - herausgegeben von Andrea Heistinger und Daniela Ingruber Die traditionellen Kochkünste der Menschheit sind gefährdet. Fertig- und Tiefkühlgerichte zerstören den Geschmackssinn und das Gemeinschaftliche Essen verlagert sich in Imbissbuden und Fastfood-Ketten. Unbegrenzt scheinen die Möglichkeiten der Zubereitung des täglichen Essens. Unbegrenzt scheinen auch die Perspektiven, es zu erörtern. Der Band vereint 16 Beiträge, die auf einem Symposium im Dezember 2009 in Vorbereitung auf eine Ausstellung diskutiert wurden. Mit einem Beitrag von Elisabeth Meyer-Renschhausen
Eva Kohlrusch - Faszinierende Frauen und ihre Gärten
Nach dem großen Erfolg von "Besondere Frauen und ihre Gärten" entführen die ehemalige Vorsitzende des Journalistinnenbundes Eva Kohlrusch und der Fotograf Gray Rogers ihre Leserinnen nun in die üppigen Gärten von weiteren Freundinnen der Blumenkunst (2010)
Ebenfalls im be.bra verlag erschienenen: "Bergführer Berlin" und "Durch Berlin mit dem Schiff"