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Beitrag vom 26.06.2016
Han Kang - Die Vegetarierin. (The Vegetarian)
Christine Langer
Am 16. Mai 2016 wurde die Schriftstellerin als erste Koreanerin mit dem britischen Man Booker International Prize ausgezeichnet. Sie erzählt eine Geschichte über eine Frau, die sich dazu entschließt, Vegetarierin zu werden. Im August 2016 erschien "Die Vegetarierin" im Berliner Aufbau Verlag
Der Preis zählt zu einer der wichtigsten Auszeichnungen für Literatur und wird seit 2005 vergeben. Als Pendant zum Man Booker Prize werden Bücher ausgezeichnet, die ins Englische übersetzt und in Großbritannien erschienen sind. Die Verleihung ist mit insgesamt 50.000 Pfund (circa 64.000 Euro) dotiert und wird zwischen Autor_in und Übersetzer_in gleichermaßen geteilt. Bereits bei der Londoner Buchmesse im Jahr 2014 lag der Fokus auf koreanischer Literatur, wodurch die Auflage von Schriftsteller_innen aus dem ostasiatischen Land erheblich gesteigert wurde.
Die 48-jährige Han Kang wurde in Südkorea bereits vielfach für ihre Gedichte und Romane ausgezeichnet. "The Vegetarian" ist ihr erstes auf Englisch erschienenes Buch und wurde von Deborah Smith übersetzt. Die 28-Jährige hat erst mit 21 Jahren angefangen Koreanisch zu lernen, da sie auf den Mangel an Koreanisch-Englischen Übersetzer_innen aufmerksam geworden war. Der in Originalsprache bereits 2007 erschienene Roman wurde aus 155 Werken ausgewählt und von der fünfköpfigen Jury einstimmig ausgezeichnet.
Ein Traum als Beginn einer Flucht aus der Realität
"Before my wife turned vegetarian, I´d always thought of her as completely unremarkable in every way". So beginnt die Geschichte über den plötzlichen Wandel der Essgewohnheiten der Protagonistin Yeong-hye und deren gravierende Auswirkungen auf ihre Ehe sowie das gesamte Familienleben. Der Roman wird aus drei verschiedenen Perspektiven erzählt, aus der Sicht des Ehemanns, der Schwester und des Schwagers. Han Kangs Art zu schreiben erinnert sehr an die surrealistischen Erzählungen des japanischen Schriftstellers Haruki Murakami und entführt die Leser_innen in eine Welt, bei der sie sich nie sicher sein können, ob es sich um Realität oder einen Traum handelt.
"... I had a dream."
Das Paar hat außer seiner Durchschnittlichkeit keinerlei Gemeinsamkeiten, die Ehe ist unerfüllt und ohne jegliche Art von Leidenschaft. Als einzigen rebellischen Akt überhaupt weigert sich Yeong-hye, einen BH zu tragen, weil sie das als einengend empfindet.
Auch wenn in Seoul im Zuge des weltweiten Trends zunehmend vegetarische Restaurants eröffnen, ist ein Bewusstsein für den Verzicht auf tierische Produkte außer in buddhistischen Tempeln kaum existent. Wichtige Bestandteile der meisten koreanischen Gerichte sind entweder Fleisch, Fisch oder Meeresfrüchte. So zeigt auch Yeong-hyes Familie keinerlei Verständnis für ihre plötzliche Verweigerung, Fleisch zu essen. Sie ist jedoch zunehmend davon überzeugt, sich ausschließlich vegetarisch zu ernähren, verspürt den Wunsch, sich in eine andere Art von Mensch zu verwandeln.
Die Entscheidung, Vegetarierin zu sein erweist sich im Verlauf des Romans als Rebellion gegen das eintönige Leben der Protagonistin. In Südkorea werden vorherrschende Regeln und Moralvorstellungen respektiert. Deswegen gleicht das Abweichen von der Norm in der Geschichte einem ermächtigenden Befreiungsakt und ist der Auslöser einer Kette von verhängnisvollen und grotesken Ereignissen.
Die Autorin selbst beschreibt ihren Roman folgendermaßen: "In The Vegetarian, the protagonist Yeong-hye adopts an extreme vegetarian diet, and eventually believes that she is becoming a tree, through this, she hopes to vomit out the darkness and violence of flesh/humanity and become a perfectly pure being. This process of metamorphosis into a plant is also one of escape, from her current self into a being which harms nothing."
In deutscher Ãœbersetzung erscheint der Roman mit dem Titel "Die Vegetarierin" im August 2016 im Aufbau Verlag (in der Ãœbersetzung von Ki-Hyang Lee). Im September wird Han Kang das Buch auf dem Internationalen Literaturfestival in Berlin vorstellen.
AVIVA-Tipp: "The Vegetarian" ist eine bizarre Geschichte über Selbstbestimmung, Unterdrückung und Subversion im modernen Südkorea.
Zur Autorin: Han Kang, geboren 1970 in Gwangju in Südkorea, hat an der Yonsei University koreanische Literatur studiert. In Korea hat sie bereits zahlreiche Preise für ihre Romane und Gedichte gewonnen, wie unter anderem den Yi Sang Literary Prize und den Korean Literature Novel Award. Zurzeit unterrichtet die Autorin kreatives Schreiben am Seoul Institute of the Arts. Ihr neuester Roman heißt "Human Acts" (2016) und wurde ebenfalls von Deborah Smith übersetzt.
Weitere Informationen zur Autorin unter:
writerhankang.com
themanbookerprize.com/author/han-kang
Zur Übersetzerin: Deborah Smith, geboren 1987 in Doncaster in Großbritannien, hat sich während ihres Studiums dazu entschlossen Koreanisch zu lernen, um Übersetzerin zu werden. Smith hat ihren eigenen Non-Profit Buchverlag mit dem Namen "Tilted Axis Press" gegründet, der auf Übersetzungen von asiatischer und afrikanischer Literatur spezialisiert ist. 2016 hat sie den Arts Foundation Award für Literaturübersetzungen gewonnen und macht zurzeit ihren PhD in koreanischer Gegenwartsliteratur an der University of London.
Mehr Informationen zu Deborah Smith und Tilted Axis Press unter:
www.tiltedaxispress.com und twitter.com/londonkoreanist
Han Kang
Die Vegetarierin
Originaltitel: The Vegetarian
Ãœbersetzt von Ki-Hyang Lee
Aufbau Verlag, erschienen: 15.08.2016
Gebunden mit Schutzumschlag, 190 Seiten
978-3-351-03653-9
18,95 Euro
www.aufbau-verlag.de
Han Kang
The Vegetarian
Ãœbersetzerin: Deborah Smith
Portobello Books, erschienen: Januar 2015
Taschenbuch, 160 Seiten
ISBN: 1846275628
portobellobooks.com
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