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Beitrag vom 03.04.2018
Carol Rifka Brunt - Sag den Wölfen, ich bin zu Hause
Bärbel Gerdes
Im New York Times Bestseller der Schriftstellerin Carol Rifka Brunt wird ein vierzehnjähriges Mädchen mit dem Sterben ihres geliebten Onkels konfrontiert. Es sind die 80ger Jahre – die Krankheit AIDS ist in den USA auf dem Vormarsch. Ausgezeichnet vom "Wall Street Journal" als einer der besten Romane des Jahres und mit dem "Alex Award for Realistic Fiction".
"Sie leiteten über zu einer allgemeiner gehaltenen Reportage über AIDS. Wie immer fingen sie mit Bildern von irgendeinem aufgeheizten Nachtclub in der Stadt an, in dem ein Haufen schwuler Männer in idiotischen Lederklamotten wie wild herumtanzten... Es wäre doch ausnahmsweise mal nett, wenn sie ein paar Männer zeigen würden, die in ihrem Wohnzimmer Tee tranken und sich über Kunst oder Filme unterhielten. Wenn sie das zeigen würden, dann würden die Leute vielleicht sagen: ´Oh, okay, so anders ist das ja gar nicht.´"
Carol Rifka Bruns Roman beginnt 1986. Die vierzehnjährige June und ihre zwei Jahre ältere Schwester Greta sitzen ihrem Onkel, dem berühmten Finn, Modell für ein Porträt. Es ist fast das einzige, was die beiden Mädchen noch miteinander teilen. Eine starke Entfremdung und Konkurrenz ist zwischen ihnen entstanden. Einmal im Monat Sonntagsnachmittag reisen sie mit ihrer Mutter in das Appartement ihres Bruders in New York. Finn ist schon stark von seiner Krankheit gezeichnet. Viele Gerüchte und Unsicherheiten gibt es: ist AIDS durch einen Kuss auf die Wange übertragbar? Nistet es sich in Bettzeug und Büchern ein?
Eine tiefe Verbundenheit besteht zwischen June und Finn. Er nimmt das vom Mittelalter faszinierte Mädchen mit in Klöster und auf Mittelaltermärkte, er erklärt ihr die Kunst und die Farben, er erfreut sich an ihren Besuchen. June glaubt, alles über ihren Onkel zu wissen. Doch als er stirbt, erfährt sie allmählich, was sie alles nicht über ihn weiß.
Bei der Beerdigung steht auf dem Friedhof ein schlaksiger Mann, der auf keinen Fall an der Trauerfeier teilnehmen darf. June lernt ihn später kennen und findet mit ihm Trost in der gemeinsamen Trauer.
In dem Debütroman sind die Charaktere oft unscharf gezeichnet. Kein Bild will sich von den Eltern einstellen, die Zuneigung zwischen Finn und June ist nicht sehr berührend und auch die tiefe Trauer kaum fühlbar. Oft wird die Handlung leicht widersprüchlich oder unrealistisch fortgeführt, um die Geschichte voran zu bringen. Frau spürt die Absicht und ist verstimmt.
Dennoch wurde dieser Roman zum New York Times Bestseller. Vielleicht weil er sich so wegschlürfen lässt wie ein süßer Kakao an einem Sonntagnachmittag auf dem Sofa. Vielleicht aber auch, weil er noch einmal an das erste Auftreten der Krankheit AIDS und den einhergehenden Stigmatisierungen erinnert.
AVIVA-Tipp: Sag den Wölfen, ich bin zu Hause ist ein geheimnisvoller Titel für ein Buch, das die Freundschaft zwischen Nichte und Onkel beschreibt und sich mit der Trauer nach dem Verlust eines geliebten Menschen auseinandersetzt.
Zur Autorin: Carol Rifka Brunt wurde 1970 in Queens, New York City, geboren. Ihre schriftstellerische Arbeit begann sie in Amherst, Massachusetts, wo sie mit hirngeschädigten Menschen arbeitete. Brunt schrieb Kurzgeschichten für das North American Review, dem Wall Street Journal und The Sun. 2006 erhielt sie den New Writing Ventures Award from the New Writing Partnership and Arts Council England. Ihr erster Roman< i>Tell The Wolves I´m Home erschien 2012 sowohl in England als auch in den USA. Er wurde vom Wall Street Journalals einer der besten Romane des Jahres ausgezeichnet und erhielt 2013 den Alex Award for Realistic Fiction. Die Autorin lebt mit ihrer Familie in Dartmoor, England und arbeitet zurzeit an ihrem zweiten Roman.
Zu der Übersetzerin: Frauke Brodd in München aufgewachsen und hat in Hamburg studiert. Danach Arbeit als Lektorin beim Diogenes Verlag in Zürich, anschließend in München bei der Verlagsgruppe Random House (damals noch Bertelsmann). Erstes Büro als freie Lektorin in Avignon. Nach mehreren Jahren in der Provence zog sie 2007 nach Luxemburg und gründete write and read. Sie übersetzt u.a. die Werke von Faye Kellerman, Melanie Gideon und Diane Keaton.
Carol Rifka Brunt: Sag den Wölfen, ich bin zu Hause
Originaltitel: Tell The Wolves I´m Home , Dial Press 2012
Aus dem amerikanischen Englisch von Frauke Brodd
Eisele-Verlag, erschienen 23. Februar 2018
448 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag und Lesebändchen
ISBN 978-3-96161-007-5
22,00 Euro
Mehr zum Buch und zur Autorin unter: eisele-verlag.de/buecher