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AVIVA-BERLIN.de im November 2024 - Beitrag vom 19.02.2009


Pia Frankenberg - Der letzte Dreh
Stefanie Denkert

Seit fast zwanzig Jahren sind Maria und Johan verheiratet, doch das Filme machende Paar hat sich auseinandergelebt. Was ging schief? Dem Roman gelingt es leider nicht, das Problem zu erfassen.




Von Liebe und Tod handeln die großen Meisterwerke der Weltliteratur und um ersteres, genauer gesagt um das drohende Ehe-Aus von Maria und Johan, soll es in "Der letzte Dreh" gehen. "Eine rasante Reise durch die Ära Kohl und die Abgründe einer ebenso symbiotischen wie selbstzerstörerischen Beziehung" verspricht der Klappentext und so erwartet die Leserin eine leidenschaftlich-dramatische Liebesbeziehung, die an ihre Grenzen gestoßen ist. Wer sind die beiden und wie haben sie sich kennen sowie lieben gelernt? Was ging schief und wird das Paar seine Probleme, falls überhaupt möglich, wohl lösen?

Leider wird schnell klar, dass man keine konkreten Antworten auf diese Fragen erhalten wird, doch die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt. Auch gibt es keine "rasante Reise durch die Ära Kohl", wie der Verlag die 1980er bis Anfang der 1990er, in der die Geschichte stattfindet, nennt. Lediglich die nebensächlichen Erwähnungen, wie Autofahrten durch die DDR nach Berlin, lassen erkennen, dass es sich um eine Zeit vor 1989 handelt.

Hauptsächlich soll es jedoch um das Paar gehen: also um Maria, die mit Anfang zwanzig Erbin eines riesigen Vermögens wird und in die Filmbranche einsteigt, um ihr Geld loszuwerden, dabei aber für ihre einigermaßen erfolgreichen Projekte auch noch Fördermittel bekommt. Und um Johan, den genialen, aus Belgien stammende Filmkritiker, jedoch weniger erfolgreichen Autoren, der ohne die finanziellen Mittel von Maria vor die Hunde gehen würde. Die beiden lernen sich auf einer Party kennen, nachdem Maria ihren ersten Film produziert hat. Dort ´checkt´ Johan sie aus der Ferne ab und Maria ist sofort fasziniert von seiner frechen Dreistigkeit – schließlich hat kein Mann sie zuvor so schamlos begutachtet. Nicht unbedingt die beste Basis für gute Partnerschaft und eine gemeinsame Zukunft, wie sich schließlich auch herausstellen wird.

Die beiden unterschiedlichen Charaktere werden durch die gemeinsame Leidenschaft für Filme zusammengehalten und so verfolgen sie auch in den nächsten Jahren gemeinsam Filmprojekte. Besonders aufwendig ist der geplante TV-Dreiteiler über beider Familiengeschichten bis zu ihrem Kennenlernen. Während der drei Jahre Arbeit an dem Fernsehfilm, der wohl nie zustande kommen wird, ist ihre Beziehung bereits wie ein ausgelutschter Kaubonbon. Umrahmt wird die literarische Reise in die Beziehungsvergangenheit von der Jetztzeit, in der sich Maria und Johan in einer Pinguinkolonie in Patagonien befinden, wo Maria einen Dokumentarfilm dreht.

Hauptsächlich erfährt die Leserin einiges darüber, wie es hinter den Kulissen der Filmbranche zugeht und über die Schwierigkeiten, Filme zu produzieren sowie Fördermittel zu bekommen. Doch eine Mediensatire ist "Der letzte Dreh" nun auch wieder nicht.
Was ist denn nun aber in der Beziehung schiefgegangen? Johan ist talentiert, egoistisch und pleite. Maria ist unsicher, einigermaßen talentiert und reich. Viel mehr kann man über die Beiden und über ihre Paarbeziehung, die ja das Thema sein sollte, nicht sagen. Man erfährt nicht genug, um zu verstehen, warum sie überhaupt eine Ehe eingegangen sind und warum diese nun nicht mehr funktioniert. Ganz nebenbei bekommen sie übrigens einen Sohn namens Philip – sollte dieses Ereignis nicht von Bedeutung für die Beziehung sein?

"Der letzte Dreh" hätte ja nicht gleich eine Geschichte über eine symbiotisch-selbstzerstörerische Beziehung á la Sid und Nancy, oder Kurt und Courtney sein müssen, dann doch lieber über ein Paar, das zwar zu den kreativen Köpfen gehört, dabei aber so normal ist, dass man sich damit identifizieren kann. Leider schafft es die Autorin nicht, aus Maria und Johan ein solches Paar zu machen. Dadurch, dass die Leserin keinen ausreichenden Einblick in das Seelenleben der Charaktere erhält, wirken beide häufig unsympathisch und ihre Handlungen sind kaum verständlich oder nachvollziehbar.

AVIVA-Fazit: Pia Frankenberg kann sich offensichtlich nicht entscheiden, was sie eigentlich erzählen will und da kommt die Verdacht auf, sie wollte Autobiographisches unter dem Deckmantel des Romans verarbeiten, weswegen ihr die kritische Distanz zu ihrem Geschriebenen fehlen mag. Da hätte der Verlag vielleicht helfen können, den Blick auf das Wesentliche gerade zu rücken, denn die Idee für das Buch ist gut, nur leider die Umsetzung nicht. Lobenswert ist jedoch, dass viele Passagen Frankenbergs Talent für Details und Ironie offenbaren, auch wenn sie das besser in die Hauptgeschichte eingebracht hätte.

Zur Autorin: Pia Frankenberg, geboren 1957 in Köln, ist nach einem Schauspielstudium in Hamburg seit 1981 Regisseurin und Produzentin eigener Kurz- und Spielfilme, u.a. "Nicht nichts ohne Dich" (Max-Ophüls-Preis 1986) und "Brennende Betten" (1988, mit Ian Dury in der Hauptrolle). Pia Frankenberg lebt in New York. Weitere Infos und Kontakt unter: www.piafrankenberg.de

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Pia Frankenberg
Der letzte Dreh

Rowohlt Verlag, erschienen Januar 2009
Gebundene Ausgabe, 256 S.
ISBN-10: 3871346284
ISBN-13: 978-3871346286
18,90 Euro


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Beitrag vom 19.02.2009

AVIVA-Redaktion