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AVIVA-BERLIN.de im November 2024 - Beitrag vom 21.02.2009


Dina Spiegel und Leonie Spiegel - Jetzt mal Tacheles
Sharon Adler

Die jüdischen Lieblingswitze von Paul Spiegel, herausgegeben von seinen Töchtern, sind eine Hommage an den Journalisten, Unternehmer, ehemaligen Präsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland




Das Vorwort von Dani Levy bringt es auf den Punkt: "Jüdischer Humor kennt kein Tabu". Gemäß diesem Motto macht die Witzesammlung von Paul Spiegel vor nichts Halt und nimmt jede erdenkliche Lebenssituation (selbst)ironisch auf´s Korn.

Fragt der Pfarrer den Rabbiner: "Wann werden Sie endlich Schweinefleisch essen?"
Sagt der Rabbiner: "Auf Ihrer Hochzeit, Hochwürden!"

Der 1937 im westfälischen Warendorf geborene Paul Spiegel emigrierte 1938 nach der Reichspogromnacht mit seiner Familie nach Brüssel. Sein Vater und seine Schwester Rosa wurden in Konzentrationslager deportiert. Die elfjährige Rosa wurde in Auschwitz ermordet, der Vater überlebte Dachau. Paul Spiegel und seine Mutter wurden während des Holocaust in Flandern von einer Bauernfamilie versteckt. Nach dem Krieg kehrte die Familie als erste jüdische Familie nach Warendorf zurück, wo sein Vater die Synagogengemeinde wieder aufbaute.
1958 begann Paul Spiegel seine berufliche Laufbahn als Volontär bei der "Allgemeinen Jüdischen Wochenzeitung" in Düsseldorf, bei der er bis 1965 als Redakteur arbeitete. In den 1960er Jahren arbeitete er als Korrespondent verschiedener Zeitungen und Zeitschriften.
1964 heirateten er und Gisèle Spatz, das Paar bekam zwei Töchter, Dina und Leonie.
In den folgenden Jahren engagierte sich Spiegel in der jüdischen Gemeinde. 1986 machte er sich als Unternehmen mit der Gründung der Internationalen Künstler- und Medienagentur Paul Spiegel, www.paulspiegel.de selbständig.
Am 9. Januar 2000 wurde Paul Spiegel nach dem Tod von Ignatz Bubis Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland.
Veröffentlichungen: Im Ullstein Verlag erschien in 2001 "Wieder zu Hause?" - Erinnerungen und Visionen. Aufgezeichnet von Rafael Spiegelmann von Paul Spiegel. Ebenfalls im Ullstein Verlag veröffentlicht wurde 2003 sein Buch "Was ist koscher?" Damit wollte Spiegel nichtjüdische Deutsche unterhaltsam mit jüdischer Religion, Tradition und jüdischem Alltag vertraut machen.
Paul Spiegel erhielt diverse Auszeichnungen, darüber hinaus engagierte und äußerte er sich unermüdlich öffentlich gegen Antisemitismus und Rassismus.
Am 30. April 2006 starb Paul Spiegel nach längerer Krankheit in Düsseldorf.

Wie es einem Menschen nach diesen tragischen Umständen und schmerzhaften Erfahrungen möglich ist, Witze zu erzählen, scheint auf den ersten Blick unmöglich.
Fakt ist, dass Jüdischer Witz und Humor eine lange Tradition haben und untrennbar mit der jüdischen Geschichte verbunden sind.
Nur wenige wussten, dass das Sammeln, Bewahren und Erzählen jüdischer Witze eine große Passion von Paul Spiegel war. Für ihn bedeutete jüdischer Humor ein Stück Weisheit und die Chance, das Tragische nicht nur zu ertragen, sondern auch zu überleben. Sein großes Anliegen war es zeitlebens, Toleranz zwischen Menschen unterschiedlicher Kulturen und Religionen zu schaffen.
Leider schaffte es der 2006 verstorbene ehemalige Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland nicht mehr, eine Sammlung seiner Lieblingswitze herauszugeben. Diesen Wunsch erfüllen nun seine Töchter Dina und Leonie.


Zu den Herausgeberinnen:

Dina Spiegel
, geboren 1967, arbeitete viele Jahre europaweit in der Hotellerie und ist heute Personalberaterin für das Hotelgewerbe in Belgien und den Niederlanden.

Leonie Spiegel, geboren 1972, leitete nach dem Tod des Vaters die Künstleragentur "Paul Spiegel" und ist heute als selbständige Künstleragentin und Eventmanagerin europaweit tätig. Weitere Infos und Kontakt unter: www.leoniespiegel.de

Eine detaillierte Biographie von Paul Spiegel finden Sie auf den Seiten des Deutschen Historischen Museums:
www.dhm.de

AVIVA-Tipp: Wer lacht, der lebt. "Jetzt mal Tacheles" ist eine Verbeugung vor dem Menschen und ehemaligen Präsidenten des Zentralrates der Juden in Deutschland, Paul Spiegel, und gleichzeitig das Bewahren seiner Sammlung an ausgewählten jüdischen Witzen in Buchform. Danke an die Spiegel-Schwestern für diese Initiative!

Dina und Leonie Spiegel (Hg.)
"Jetzt mal Tacheles"

Die jüdischen Lieblingswitze von Paul Spiegel.
Mit Illustrationen von Peter Gaymann und einem Vorwort von Dani Levy.
Einleitung von Rabbiner Julien Soussan.
Mit Glossar, Biographie und Grußworten.
Artemis & Winkler Verlag, erschienen 16. Februar 2009
ISBN 978-3-538-04006-9
14,90 Euro


Literatur

Beitrag vom 21.02.2009

Sharon Adler