Michael Schleicher - Charlotte Knobloch. Ein Portrait - Aviva - Berlin Online Magazin und Informationsportal für Frauen aviva-berlin.de Literatur



AVIVA-BERLIN.de im November 2024 - Beitrag vom 05.08.2009


Michael Schleicher - Charlotte Knobloch. Ein Portrait
Iella Peter

sehr persönliche Biografie ist Michael Schleicher hier gelungen. Das facettenreiche Leben Charlotte Knoblochs wird aus allen Blickwinkeln beleuchtet und besonders ...




... ihr Wirken für die Jüdische Gemeinschaft Deutschlands gewürdigt.

Charlotte Knobloch kann auf ein sehr bewegtes Leben zurück blicken und es verwundert darum nicht, dass gerade Michael Schreiber, ihr ehemaliger Pressereferent und Redenschreiber, sich der Biografie ihres Lebens und Wirkens widmete.

Nur wenige Monate vor der Machtübernahme der Nationalsozialisten wird Charlotte Neuland in München am 29. Oktober 1932 geboren. Sie ist das einzige Kind des renommierten Anwalts Fritz Neuland und seiner Frau Margarethe, die zum Judentum konvertiert war. Im Alter von vier Jahren ließen sich Knoblochs Eltern scheiden, da ihre Mutter den wachsenden Druck auf arische EhepartnerInnen nicht mehr ertrug. Charlotte blieb bei ihrem Vater und ihre Großmutter Albertine Neuland wurde ihr neuer Bezugspunkt.

Trotz aller Warnungen floh die Familie Neuland nicht aus Nazi-Deutschland und als 1942 die Großmutter Knoblochs nach Theresienstadt deportiert wurde, zögerte ihr Vater nicht und versteckte seine Tochter bei der ehemaligen Hausangestellten seines Bruders. Bis zum Sommer 1945 lebte die dann Dreizehnjährige als angeblich uneheliches Kind unter dem Decknamen Lotte Hummel auf dem Hof der Familie Hummel. Ihr Vater hatte den Holocaust als Zwangsarbeiter überlebt und nahm das Mädchen nach Ende des Krieges wieder bei sich auf.

1951 heiratete Charlotte den Kaufmann Samuel Knobloch. Eigentlich wollten die beiden so schnell wie möglich Deutschland in Richtung den USA verlassen, doch die Geburt ihres ersten Sohnes hinderte sie daran. Schließlich entschied sich das Ehepaar Knobloch gegen die Auswanderung und ließ sich in München nieder.

1988 kandidierte Charlotte Knobloch für den Vorstand der Israelitischen Kultusgemeinde Münchens und trotz der sehr konservativen Haltung der IKM wurde sie als erste Frau zur Präsidentin gewählt. Während ihrer Amtszeit verdoppelte sich die Zahl der Gemeindemitglieder. Ein ganz persönlicher Erfolg in diesen Jahren war die Realisierung des Projektes "Jüdisches Zentrum Jakobsplatz". 2006 wurden im Herzen Münchens die neue Hauptsynagoge, das Gemeindehaus und das Jüdische Museum eingeweiht und eröffnet. Für die Münchnerin, die lange Zeit ihren Glauben an die Heimatstadt verloren hatte, war dies ein ganz besonderer Moment. Vorläufiger Höhepunkt ihrer Karriere ist ihre Wahl zur Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland im Juni 2006 als Nachfolgerin des am 30. April 2006 gestorbenen Paul Spiegel. Auch ist sie seit 2005 Vorsitzende des Jüdischen Weltkongresses.

Michael Schleicher ermöglicht in seiner Biografie einen genauen Blick auf die Beharrlichkeit, das große Durchsetzungsvermögen, aber auch auf den Charme Charlotte Knoblochs. All diese Charaktereigenschaften, die mit ihre steile Karriere ermöglichten, werden anhand von vielen kleinen Beiträgen zu den verschiedensten Stationen ihres Lebens veranschaulicht. Schleicher veröffentlicht in seiner Biografie Auszüge aus Reden Charlotte Knoblochs, beschreibt ihr stetes Engagement gegen Rechtsradikalismus oder beispielsweise ihren Dialog als Repräsentantin der jüdischen Bevölkerung mit den Vertretern der beiden christlichen Kirchen. Auch gewährte Charlotte Knobloch ihrem Biografen ganz persönliche Einblicke in ihr Leben wie beispielsweise ihre Liebe zum Fußball.

AVIVA-Tipp: Eine wirklich gelungene Biografie, die das Vertrauensverhältnis zwischen ihr und Michael Schleicher widerspiegelt und besondere Einblicke in das ereignisreiche Leben von Charlotte Knobloch gewährt.

Zum Autor: Michael Schleicher war langjähriger Autor der Süddeutschen Zeitung, bevor er als Pressereferent und Redenschreiber von Charlotte Knobloch arbeitete. Heute ist er Leiter der Feuilleton-Redaktion des Münchner Merkur (Quelle: München Verlag).

Charlotte Knobloch – Ein Portrait
München Portrait
Michael Schleicher

München Verlag, erschienen 2009
Klappenbroschur
ISBN: 978-3-937090-32-0
Preis: 16,80 Euro
www.muenchenverlag.de

Weiterlesen auf AVIVA-Berlin:

Charlotte Knoblochs Wahl zur Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland

Weitere Infos finden Sie unter:

www.zentralratdjuden.de

www.juedischeszentrumjakobsplatz.de

www.ikg-muenchen.de


Literatur

Beitrag vom 05.08.2009

AVIVA-Redaktion