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Beitrag vom 11.08.2009
Irina Tabunowa - Fremdes Territorium
Clarissa Lempp
In Irina Tabunowas Roman hütet ihre russische Heldin, zwischen Wodkaseligkeit und Depression, das Apartment ihres neuen Freundes und stößt dabei auf eigensinnige, aber unterhaltsame MitbewohnerInnen
"Fremdes Territorium" ist der zweite Roman der Russin Irina Tabunowa, der im BvT erscheint. Wieder ist es, wie im Debüt "Erwachsenenwelt", ein rasant verruchter Blick auf Moskau, den die Autorin durch die Augen ihrer Protagonistin Ira erzählt. In "Fremdes Territorium" trägt zwar die Protagonistin den gleichen Namen, übrigens die Abkürzung für Irina, aber es ist trotzdem kein Fortsetzungsroman. Diese Ira ist eine wenig engagierte freie Journalistin, die ziemlich betrunken in einer Bar den Wissenschaftler Igor kennen lernt. Als der zur Forschungsreise an den Polarkreis aufbricht, soll seine neue wohnungslose Flamme sein Apartment hüten. Als Liebespfand verspricht sie ihm, Tagebuch zu führen und so findet sich der/die LeserIn in Iras wilden Aufzeichnungen wieder.
Während die Tagebuchschreiberin in der Wohnung ihres Helden zunächst vor allem ihr liebstes Zimperlein, die Depression, mit Wodka und Putzen pflegen will, stellt sich schnell heraus, dass diese Wohnung weniger einsames Rückzugsgebiet ist, sondern vielmehr einem Taubenschlag gleicht, denn weitere Schlüssel sind im Umlauf und deren TrägerInnen hinterlassen gerne Spuren. Da ist Dana, die Striptänzerin, die schon mal den einen oder anderen Herren mitbringt, Rybin, der sich der Literatur und dem Wodka verschrieben hat oder Iwanow, der Schokolade klaut. Schließlich kommt auch noch Gleb, Iras Ex-Freund, der das Wohnzimmer mit dubiosen Kartons belagert. Die kleine Wohnung wird zum Treff- und Trinkspot der unfreiwillig Vereinten und als sich schließlich noch die Mafia für Glebs Kartons interessiert, verliert Ira jegliche Übersicht über das "fremde Territorium", das sie hüten soll.
In rasant lakonischen Dialogen führt Tabunowa den russischen Alltag zwischen Trübseligkeit und Trinkfreude weiter und spinnt eine amüsante Geschichte über Liebe, Kapitalismus und Sehnsucht, die russische Mafia, Wodka und Freundschaft, bei denen urkomische Momente entstehen.
Zur Autorin: Irina Tabunowa wurde 1979 in Moskau geboren. Sie arbeitet als Pressesprecherin in einem staatlichen Museum und lebt mit ihrer dreijährigen Tochter in Moskau.
AVIVA-Tipp: Irina Tabunowas Sprache ist ein kleines Feuerwerk, ihre schlagfertigen ProtagonistInnen werfen geradezu mit Wortgranaten um sich. Die Charaktere sind Vertraute aus der russischen Prosa, Trinker, Poeten, Halb-Kriminelle. Ohne zum Klischee zu werden, schlängeln sie sich unterhaltsam und plastisch gezeichnet durch eine wahnwitzige Geschichte, die nur zum Ende durch kleinere - den Liebesgeschichten eigene - Längen etwas gebremst wird.
Irina Tabunowa
Fremdes Territorium
Aus dem Russischen von Franziska Zwerg
Bvt Verlag, erschienen März 2009
288 Seiten, Taschenbuch
ISBN-10: 3518125818
ISBN-13: 9783833305924
9,90 Euro