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Beitrag vom 18.08.2009
Hedwig Appelt - Die Amazonen. Töchter von Liebe und Krieg
Lisa Erdmann
Die Literaturwissenschaftlerin, Werbetexterin und Journalistin Hedwig Appelt gestaltet mit "Die Amazonen" eine Erzählung über das berühmt-berüchtigte antike "Weibervolk" und gibt neue kluge...
... Gedanken zu einem Mythos.
Aphrodite gebar nach einem olympischen Abenteuer mit dem Kriegsgott Ares ihre Tochter Harmonia, die Jahre später ihrem Vater begegnete und mit ihm die "kriegsliebenden Töchter" zeugte. Ares legte ihnen die Liebe zum Krieg in die Wiege und so waren die Amazonen schon von Geburt an alles andere als Töchter aus gutem Hause. Der zweite Ursprungsmythos besagt, dass die Amazonen ursprünglich die Ehefrauen der Skythen waren. Nachdem ihre Männer bei einer großen Schlacht fast alle ihr Leben ließen, gründeten sie einen Staat, der ein reiner Frauenstaat werden sollte. Explizit gab es nur ein Gesetz, von dem die Existenz dieses Staates abhing: jede Einzelne musste auf die Liebe zu einem Mann verzichten. Die Lösung der Nachwuchsfrage: Sexualität als Mittel zum Zweck, das Recht auf sexuelle Selbstbestimmtheit als Teil der radikalen Emanzipation der Amazonen, nicht nur vom Mann, auch vom traditionellen Bild der Frau.
Die meisten AutorInnen, die über die Amazonen schreiben, schildern sie als fremde, aber durchaus reale Frauen, die in einem fernen Land ein außergewöhnliches Leben führen. Hedwig Appelt gestaltet ihre Geschichte neu. Die aus der Gemeinschaft von Menschen ob ihrer übermenschlichen Leistungen ausgegrenzten Amazonen treten nicht als fremdartige Fabelwesen auf, sondern werden durch die Autorin als Frauen mit Gefühlen und Sehnsüchten gezeichnet.
Der Zwiespalt, den die Herrscherin Hippolyte erleidet, als sie sich zwischen ihren sozialen Rollen als Mutter und Kriegerin entscheiden muss, die Zerrissenheit, die sie fühlt, während sie zwischen der Liebe zu einem Mann und zu ihrem Amazonenvolk schwankt, all das berührt und macht aus den göttlichen Amazonen menschliche Wesen.
Frau Appelt schildert die Amazonen als Frauen, die sich aus Not und Stolz auf ein Leben als Kriegsherrinnen vorbereitet hatten.
Wer sich Amazone nannte, hatte keine Vergangenheit und keine Geschichte mehr.
Die Mischung aus Mythos und Historie wird von der Verfasserin gelungen zu einer fließenden Geschichte verkettet, durch Wortwitz charmant gestaltet. Die Leserin vergisst schnell, dass sie ein Sachbuch in den Händen hält und verliert sich im romanhaften Geschehen. Die einzelnen Etappen werden zu einem roten Faden geknüpft, der für die LeserInnen auch als gute Einführung in die griechische Antike dienen kann.
Der abschließende Verweis auf den aktuellen Wissenschaftstand ist anregend, der Fakt, dass Frauen einst wirklich als Kriegerinnen gekämpft haben, fasziniert.
Durch Hedwig Appelt erwachen die Amazonen aus ihrem historischen Kontext und geben eine Antwort auf die Geschlechterfrage, indem sie radikale Gegenfiguren zu den betont männlichen Helden darstellen. Die Literaturwissenschaftlerin richtet ihren Fokus eindeutig auf die Antike Welt der Amazonen. Zum Ende wird jedoch auch der Bogen zur Gegenwart gezogen. Die Verfasserin wirft die Fragen nach dem Fortleben der Amazonen auf und findet Vergleiche zu Elisabeth I. und Schillers Jungfrau von Orléans bis hin zu Leni Riefenstahls Amazonenfilmprojekt und Helmut Newtons Frauenfotos. Auch die Werbepräsenz der antiken Frauen diskutiert die Literaturwissenschaftlerin und Werbetexterin Hedwig Appelt.
Zur Autorin: Hedwig Appelt, Literaturwissenschaftlerin und Werbetexterin, beschäftigte sich in ihrer Doktorarbeit mit der Frau in der Literatur. Heute ist die passionierte Reiterin als Werbetexterin tätig.
AVIVA-Tipp: Auch wenn sich die ein oder andere eventuell umfangreichere Ausführungen wünscht, so ist "Die Amazonen. Töchter von Liebe und Krieg" nicht nur für Griechenland-Begeisterte zu empfehlen, sondern bietet auch Historisch-Interessierten einen unterhaltsamen Überblick und mehrere Aha-Momente über die Geschichte und die Wesensart der Amazonen.
Hedwig Appelt
Die Amazonen. Töchter von Liebe und Krieg
Theiss Verlag, erschienen 2009. 1. Auflage
Hardcover, 192 Seiten mit 10 farbigen Abbildungen
ISBN 978-3-8062-2224-1
Euro 19,90