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Beitrag vom 28.09.2009
Ina Weisse - Die Töchter der Weber. Geschichte einer glanzvollen Familie
Constanze Geißler
In einer beeindruckenden Biographie erzählt Journalistin Ina Weisse aus dem Leben ihrer Familie im polnischen Lodz und spiegelt anhand mehrerer Generationen die Weltgeschichte im Kleinen.
Nicht allein die Weltgeschichte ist es wert, dass wir uns an sie erinnern. Nein, die Geschichte im Kleinen, die oft vergessen wird, ist ebenso kostbar und erkenntnisreich! Ina Weisse begibt sich in ihrem biographischen Roman "Die Töchter der Weber" auf Spurensuche nach der Vergangenheit ihrer Familie, die im prächtigen Lodz des 19. Jahrhunderts begonnen hat und sich in der Lüneburger Heide in der Zeit nach dem 2. Weltkrieg verliert. Erinnerungsfragmente, das wiederholte Durchleben der Familiengeschichte und die Recherche historischer Fakten haben das Buch der Berliner Journalistin zu einer unglaublich lebendigen und klugen Biographie gemacht.
Fabrikanten internationaler Couleur arbeiteten im polnischen Lodz und erhoben die Stadt während der Industrialisierung zu einem bedeutenden wirtschaftlichen Zentrum. Die Familie Lange war eine der angesehensten Familien der Stadt. Im "Manchester des Ostens", wie Lodz auch anerkennend genannt wurde, besaß sie ausgedehnte Fabriken, in denen die Jacquardwebstühle Tuch um Tuch webten. Der Erste Weltkrieg zog die Söhne der Familie in die Wirren des Krieges und nahm den Industriellen den ersten Glanz eines großbürgerlichen Lebens. Rogi, das Städtchen, in dem das Sommerhaus der Langes stand, wurde indes zu einem Ort, an dem die Geister der Vergangenheit ungestört ihr herrschaftliches Leben fortführen konnten.
Mit der Besetzung der Deutschen im Zweiten Weltkrieg verließen die Großeltern der Autorin Ina Weisse aus Angst vor der Willkür der Besetzer über Nacht ihre Villa. Im Flüchtlingsstrom, der die halbjüdische Familie bis nach Deutschland brachte, verloren sie Stück um Stück ihres Besitzes und wurden schier namenlos. Doch niemals verloren die Langes den Glauben an ihre Existenz.
Zur Autorin: Ina Weisse, 1955 in Berlin geboren, studierte Philosophie und Literaturwissenschaft in München. Sie arbeitete zunächst als Buchhändlerin, Literaturkritikerin und Autorin unter anderem für das "SZ-Magazin", den "Tagesspiegel" und "Die Woche". Heute ist Ina Weisse freie Journalistin. Sie lebt mit ihrem Sohn in Berlin.
AVIVA-Tipp: "Die Töchter der Weber" zeichnet mit achtungsvoller Geste das Leben einer großbürgerlichen Familie nach, die alles besessen und alles verloren hat. Das Buch reflektiert eindrucksvoll das Erinnern selbst und ist eine spannende Familiengeschichte – lehrreich, aber niemals belehrend!
Ina Weisse
Die Töchter der Weber
Goldmann Verlag, erschienen 2009
336 Seiten, gebunden
ISBN 978-3-442-31181-1
Euro 19,95