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AVIVA-BERLIN.de im November 2024 - Beitrag vom 15.06.2010


Anja Brinkmann - Alles was Fräulein so braucht
Miriam Hutter

Das Buch "Alles, was Fräulein so braucht" der Designerin Anja Brinkmann, auch bekannt unter dem Namen Fräulein Maki, enthält 25 Nähprojekte, die sich auch von unerfahrenen NäherInnen leicht...




... nachmachen lassen. Vom Brillenetui über die Dokumententasche, bis hin zur Laptoptasche finden sich viele praktische Dinge, die zudem sehr hübsch anzusehen sind.

Genauso schön wie die Dinge zum Selbermachen ist das Buch selbst geworden. Da finden sich niedliche kleine Nähkissen, wo die Anzahl der Stecknadeln den Schwierigkeitsgrad des Projekts anzeigt, kleine Zeichnungen und Fotografien, alles abgerundet von einem übersichtlichen Layout.

Da es der Autorin daran gelegen ist, der Näherin nicht durch zu komplizierte Anleitungen den Spaß zu nehmen, ist "Alles, was Fräulein so braucht" vor allem auch AnfängerInnen zu empfehlen.

Der Umgang mit Filz, Plane und Wachstuch mit denen vorrangig gearbeitet werden soll, wird ausführlich erklärt, wobei sich auf den letzten Seiten zusätzlich eine Liste mit Shopadressen und weiteren Bezugsquellen findet.
Die benötigten Materialien sind in Infokästen zusammengefasst, und die Schnittmuster zum jeweiligen Projekt werden in der dem Buch beiliegenden CD gleich mitgeliefert.

Die einzelnen Arbeitsschritte werden ausführlich erklärt und durch zusätzliche Zeichnungen noch nachvollziehbarer gemacht.

Begleitet werden die Nähprojekte von kleinen Einleitungstexten, die auf locker-flockige Art leider jede Menge schiefer Geschlechterklischees vermitteln.
Das Fräulein scheint ein Mensch zu sein, der, aus der Sicht Anja Brinkmanns, "typisch weiblich" ununterbrochen telefoniert (Handyhalter), sich ständig am heißen Kaffee die zarten Fingerchen verbrennt (Becherpulli), 50 Paar Schuhe besitzt und zu schwach ist, um selbst die große, schwer gefüllte Handtasche zu tragen:"nach spätestens einer halben Stunde der Pein auf den Schultern muss sie der Liebste schleppen.", klagt die Autorin.

Während Fräulein ein Handy nur nach seinem Äußeren beurteilt, wissen der starke Liebste, bzw. die "Herren der Schöpfung" sofort alle technischen Details auswendig. Nur für den Liebsten ist daher in Fräuleins Repertoire auch die praktische Krawattentasche gedacht, der diese für seine "Geschäftsreisen" sehr gut gebrauchen kann. Das Fräulein, welches eher eng mit Heim und Herd verbunden zu sein scheint, sorgt sich von dort aus, dass ihrem Liebsten auch ja ihre Handtaschenauswahl gefällt, da dieser ihre Großhandtasche mit missbilligenden Blicken zu betrachten pflegt.

Welche Zielgruppe genau die Autorin mit ihrem Buch ansprechen möchte bleibt unklar (kleine Hinweise legen eine "junge, modebewusste Studentin" nahe, im Handel wird es dagegen 13-15-jährigen empfohlen). Klar ist jedoch, dass sie auch sich selbst für ein Fräulein hält. Weshalb sie sich vielleicht auch genötigt sieht, alles in Verniedlichungsformen zu packen: so spricht Brinkmann vom "Nähstübchen", dem goldenen "Nädelchen", dem "Täschlein", dem "Stöffchen" usw. Die "Stöffchen" allerdings, da meist aus Filz und Wachstüchern bestehend, kann sich wohl auch nur leisten, wer nicht gar zu knapp bei Kasse ist.

Schafft man/frau es, dies alles zu ignorieren, lassen sich so manche hübsche Ideen für Selbstgemachtes für sich selbst oder die FreundInnen abschauen... Denn im Grunde geht es ja bei diesem Buch weniger um Worte, als um das Selbermachen. Und das wird, – auch für die ungeübten NäherInnen verständlich – auf anschauliche Weise vorgeführt, wobei eine CD mit Schnitt- und Motivvorlagen zum Nachbasteln anregen.

"Alles was Fräulein so braucht" reiht sich ein in einen neuen Trend zur Handarbeit, die unter dem Namen "Crafting" gerade ihr Revival erlebt. In der im Mai 2010 erschienen Ausgabe des Missy Magazine. Popkultur für Frauen wird die Crafting-Bewegung aus einer feministischen Perspektive heraus untersucht. Die Verfasserinnen stellen fest, dass die herkömmliche, in feministischen Kreisen oftmals negativ behaftete Handarbeit mittlerweile neu definiert wurde, wie (Netz)-Initiativen wie www.craftivism.com, www.radicalcrossstitch.com und www.craftivist-collective.com beweisen. Crafting kann, muss aber nicht politisch motiviert sein und so finden sich auch reine Kreativforen wie das von Brinkmann empfohlene stichundstrich.de.

AVIVA-Tipp: Wer das Lesen von Einführungstexten immer schon viel zu anstrengend fand, wer die Farbe Rosa mag und wer genügend Geld hat für die benötigten Materialien, um diese wirklich ausgesprochen schönen Dinge herzustellen, der/dem sei dieses Buch uneingeschränkt empfohlen!

Zur Autorin: Anja Brinkmann wurde 1977 geboren und ist in Berlin aufgewachsen. Von ihrer Mutter hat sie das Nähen gelernt und sich mittlerweile damit selbständig gemacht. Sie wohnt in München, wo sie in ihrem kleinen pinken Nähstudio arbeitet und von wo aus sie auch ihren Weblog Mymaki betreibt.
Anja Brinkmanns Weblog: www.mymaki.de

Anja Brinkmann
Alles, was Fräulein so braucht

Buch + CD mit Vorlagen
Knaur Verlag, erschienen Juni 2010
Broschiert, 96 Seiten
ISBN-13: 978-3426647028
16,95 Euro


Literatur

Beitrag vom 15.06.2010

AVIVA-Redaktion