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Beitrag vom 13.06.2011
Charlotte Seeling - Der Garten der Künstlerin
Tatjana Zilg
Üppiges Grün, Oasen in der Stadt, weitflächige Paradiese auf dem Land: Gärten können vieles sein. Wie Frauen, die sich hauptberuflich der Kunst widmen, ihre Gärten gestalten und innere ...
... Naturrückzugsorte erfinden, kann in dem reich bebilderten Band sinnlich und rational erfahren werden.
33 Künstlerinnen der Gegenwart hat die Autorin in ihren Gärten, die oftmals auch ihre Arbeitsstätten sind, besucht und prägnante Portraits über sie geschrieben. Anknüpfend an die jeweils einzigartige Art, mit dem Thema Garten umzugehen, erzählt Charlotte Seeling über die Biographien der portraitierten Frauen, ihren künstlerischen Ansatz, ihre sozialen Netzwerke und ihre künstlerischen Arbeiten.
Grüne Inspiration und Kraftquelle
Dafür nutzt sie vier verschiedene Betrachtungsweisen als übergeordnete Gliederung. In den Kapiteln zu "Ein Garten für die Künstlerin" steht die Inspiration im Vordergrund, die der eigene, oft großflächige Garten den Künstlerinnen bietet. Über die Welt verstreut sind die Orte, an denen die Autorin ihren Interviewpartnerinnen begegnete. Die Reise beginnt mit Jenny Holzer´s eine Millionen Quadratmeter großem Privatbesitz im Staat New York, dessen Wildnis sie fast unverändert ließ, und führt über den organischen bewirtschafteten Mühlengarten von Catherine Willis, mitten in der rau-romantischen Normandie gelegen, bis zu den Rosengarten von Isabella Ducrot auf einem Hügel nahe Orvieto in Umbrien - um nur einige Höhepunkte zu nennen.
Elegant spielen sich die Fotografien in den Vordergrund, aufgenommen mit wachen, achtsamen Blick von Corinne Korda und Carina Landau. Viel Raum fällt ihnen zu, ohne dass sie die aufschlussreichen und einfühlsamen Textporträts verdrängen. Oft nehmen sie eine ganze Seite ein oder entsenden ihre wohltuende Naturkraft gleich über eine Doppelseite. Hervorragend gelungen sind auch die fast jedes Portrait einleitenden, ebenfalls doppelseitigen Bildmosaike, die das Esprit der jeweiligen Künstlerin auf visuelle Art vermitteln und etliche Anregungen zum Mit- und Nachmachen geben.
Skulpturen setzen Akzente und schmiegen sich in gesättigte Farbenpracht
In "Ein Garten für die Kunst" wird der Garten selbst zum Ort der Kunstobjekte.
Eine große Erfolgsgeschichte spiegelt sich in dem Portrait von Allison Armour-Wilson. Die Restauratorin begann aus reinen Zufall, ihre heute berühmten und stark nachgefragten Gartenskulpturen mit dem Hauptmaterial Acryl zu entwerfen. Als ein Sturm ihre Lieblingsbäume in West Sussex umgeworfen hatte, füllte sie die Vakanz mit den ersten eigenen Skulpturen. Ein Freund war davon so begeistert, dass er sie aufforderte, damit nach außen zu gehen. Tatsächlich biss die renommierte Times an. Durch die Fotoreportage wurde Allison Armour-Wilson quasi über Nacht von der Autodidaktin zur weltberühmten Künstlerin. Bei der international hoch angesehenen "Chelsea Flower Show" gewann sie mit ihren "Garden of Reflections" die Silbermedaille.
Tag und Nacht Zugang zu einem der größten und schönsten Parks weltweit, davon träumen viele Naturfans und wären gerne an der Stelle der britischen Malerin Jo Self, die zwei Jahre lang als "Artist in residence" den 132 Hektar großen Kew Gardens nach Kunstmotiven durchstreifen kann. Ein großes Augenmerk legt sie dabei auf die "Schönen der Nacht", Blumen und Gewächse, die nur nachts ihre Blüte zeigen, so wie die Victoria amazonica (Riesenseerose).
Der Garten als Gesamtprojekt künstlerischen Schaffens rückt in "Der Garten als Kunst" in den Mittelpunkt. Barbara Nemitz, Professorin an der Bauhaus-Universität, koordiniert und leitet die KünstlerGärten Weimar, in denen bisher 19 KünstlerInnen aus aller Welt naturale Installationen zeigen, unter anderen Daniel Spoerri sein Grassofa mit dem Titel "Liegewiese - Betreten verboten" und Maria Vill ihre Grashügelkreation "Verkehrte Welt". Viele weitere KünstlerInnen sollen eingeladen werden, sich zu beteiligen.
Phantasie anstelle weitflächigen Besitzes
"Der innere Garten" rundet das Buch ab und wendet sich Künstlerinnen zu, die keinen großen Garten besitzen, sondern die Nähe zur Natur auf andere Weise suchen. Michele Oka Doner nimmt die Autorin mit zu einem Spaziergang am Strand von Miami Beach und die Holländerin Ans Markus genießt Momente der Entspannung auf ihrer Holzterrasse direkt am Kanal, mit blühenden Hortensien-Büschen als Schutz vor allzu neugierigen Blicken.
AVIVA-Tipp: Eine besondere Überraschung hält Charlotte Seeling mit dem 33. Garten für die LeserInnen bereit. Danach wird es kaum eine Seele geben, die es nicht hinaus drängt, um unter freien Himmel die Gärten und Parks im eigenen Umkreis neu zu entdecken und sich anschließend einen eigenen Ort zu suchen für einen Garten, in welchem die Kunst die Hände beim Pflanz- und Pflegewerk lenkt.
Zur Autorin und den Fotografinnen:
Charlotte Seeling, geboren 1941, ist von Beruf Journalistin. Neben ihrer Tätigkeit als Chefredakteurin u.a. bei Vogue, Cosmopolitan und Marie France hat Charlotte Seeling stets auch als freie Autorin gearbeitet. In Tirol legte sie ihren ersten eigenen Garten an.
Corinne Korda, geboren 1963, arbeitete zunächst in Frankreich als Journalistin, bevor sie sich auf Garten- und Portraitfotografie spezialisierte. www.corinne-korda.de
Carina Landau, geboren 1967, studierte in Paris und London Filmwesen und arbeitet heute als Fotografin und Autorin. (Quelle: Verlagsinfo)
Charlotte Seeling
Corinne Korda (Fotos)
Carina Landau (Fotos)
Der Garten der Künstlerin
Sonderausgabe, 200 Seiten, 251 x 196 mm, Broschur
Gerstenberg Verlag GmbH, erschienen 2011
ISBN 978-3-8369-2626-3
16,95 Euro
Weitere Infos unter:
www.gerstenberg-verlag.de