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Beitrag vom 11.01.2006
Trotzig, zornig, wütend
Stefanie König
Anhand zahlreicher, lebensnaher Beispiele aus dem Familienalltag erklärt und analysiert Barbara Friedrichs Ratgeber anschaulich den sinnvollen Umgang mit kindlichen Aggressionen.
Kinder gehen beim Austragen von Konflikten häufig wenig zimperlich vor - sie beschimpfen ihre Eltern, werfen sich im Supermarkt schreiend auf den Boden oder zerstören mutwillig die Sandburgen anderer Kinder:
Wie sind diese aggressiven Ausbrüche zu bewerten und was können Eltern und ErzieherInnen dagegen tun?
Die Wut von Kindern und die Gründe dafür werden in vielen anschaulichen Beispielen unterschiedlichster Alltagssituationen dargestellt und analysiert.
Zunächst erklärt Barbara Friedrich die Unterschiede zwischen destruktiver und konstruktiver Aggression als natürlichen Teil des kindlichen Entdeckungsdrangs.
Aggression an sich ist positiv zu deuten. Der Begriff kommt aus dem lateinischen und bedeutet soviel wie "an etwas herangehen".
Wenn ein Kind zum Beispiel Brei mit dem Löffel in der Küche verteilt, dann ist das nicht etwa eine bösartige Handlung, sondern jene Form von konstruktiver Aggression, die eine wichtige Antriebskraft für unsere Entwicklung darstellt. Die konstruktive Aggression zeigt sich in sogenanntem Neugierverhalten und im ForscherInnendrang, und es wäre ein Fehler, sie zu unterdrücken. Anders sieht es mit der destruktiven Aggression aus, die sich in wütendem, feindseligem Verhalten äußert. Sie ist Folge von Schmerz, extremer Überforderung durch die heutigen Umweltbedingungen und der daraus resultierenden Frustration.
Wie ErzieherInnen darauf reagieren sollten, wenn bei Kindern konstruktive in destruktive Aggression umschlägt, weiß die Autorin anhand vielfältiger Möglichkeiten zu erklären.
Sie erläutert unter anderem, wie wichtig das Einüben von Regeln ist, wie Kinder lernen, Frust und Seelenschmerz zu verarbeiten, wie man mit Schimpfwörtern umgeht, was an Strafen erlaubt ist und warum eine Prügelei unter Kindern manchmal unumgänglich ist. Auch dass der Wunsch nach Kriegsspielzeug nicht automatisch Ausdruck destruktiver Aggression ist, sondern nur als Schutz-(Schild) vor der großen neuen Welt dient. Vor allem aber ist das Buch eine "Selbst-Hilfe" für Eltern mit der eigenen Wut den Kindern gegenüber umgehen zu können und Aggressionen unter Kontrolle zu halten.
Im Anhang hat Barbara Friedrich Bilder- und Vorlesebücher speziell für trotzige, zornige und wütende Kinder zusammengestellt.
AVIVA-Tipp:
Barbara Friedrich lässt die Leserin die Welt wieder mit Kinderaugen sehen - unerklärliche Verhaltensweisen vom Babyalter bis hin zur Pubertät erscheinen mit einem Mal verständlicher und lösbarer.
Ein sinnvoller und kompetenter Ratgeber für gestresste Eltern und ErzieherInnen in einer reizüberfluteten Welt. Tipps die kostenlos und schnell, ohne langwierige Therapien umzusetzen sind.
Störend ist allerdings das Festhalten an alten Rollenklischees - nicht nur Mütter erziehen Kinder - und dass einzelne Fallbeispiele zum Teil unstrukturiert in einander übergehen.
Zur Autorin:
Barbara Friedrich, 1944 geboren, hat selbst zwei Kinder und lebt in Stuttgart.
Nach ihrem Studium war sie zunächst als Grund - und Hauptschullehrerin tätig. Heute ist sie analytische Kinder- und Jugendpsychotherapeutin, Dozentin und Kontrollanalytikerin am Psychoanalytischen Institut "Stuttgarter Gruppe e.v.", sowie Supervisorin für SozialpädagogInnen. Nebenbei veröffentlichte sie zahlreiche Beiträge für den Rundfunk, sowie für Bücher und Fachzeitschriften.
Barbara Friedrich
Trotzig, zornig, wütend - Umgang mit kindlichen Aggressionen
dtv Verlag, Dezember 2005
224 Seiten, überarbeitete Taschenbuchausgabe
ISBN: 3-423-34260-9
9,00 Euro90008115&artiId=3563996"