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AVIVA-BERLIN.de im November 2024 - Beitrag vom 02.04.2003


Fräulein-Welt in Friesen-Pension
Hilde Meier

Annegret Held beschreibt auf vergnügliche Weise das Liebes- und Arbeitsleben der verschrobenen Carla als "Das Zimmermädchen" der Nordsee-Pension "Deichgraf" auf Langeoog




Zimmermädchen sollten ihr Werk eigentlich im Stillen verrichten und sich nicht in den Mittelpunkt drängen. Doch die neunzehnjährige Carla tut sich schwer damit. Sie ist aus dem Süden der Republik angereist, um endlich mal was zu erleben. So wird sie Zimmermädchen auf der Insel Langeoog, weil sie noch nie auf einer Insel war. Ihre Chefin ist Silke Sörensen, über 60 und alleinstehend. Sie betreibt den "Deichgraf". Die Insel bietet viele Attraktionen -Vogelkolonie, Seehundbank und Strandvergnügen, aber keine interessanten Männer. Doch nach so Einem sehnt sich Carla.

Im Laufe des Sommers füllt sich die Pension mit männlichen Gästen, alles Gynäkologen, die sich während eines Ärzte-Kongresses im Deichgraf eingemietet haben. Zu Carlas Bedauern geht von denen "auch nur einer gerade so" - der anmaßende Dr. Piatras. Nach einer Begegnung am Strand weiß Carla schon, dass er kein Romantiker ist.

In der Form der Ich-Erzählerin präsentiert Annegret Held frisch und frech die Lebens-Weisheiten Carlas, die ein richtiges Landei ist. Lustig und spritzig bringt sie auf 250 Seiten ihre Liebesvorstellungen, zeigt die sperrige Entwicklung einer Romanze und hält so bis zum Ende durch. Jeder Topf findet seinen Deckel, möchte man Carla, im Sparkassen-Kalender-Sprüche-Stil der Autorin, trösten. Doch hier scheint die berühmte Ausnahme vorzuliegen.

Detailliert stellt die 40-jährige Ex-Polizeihauptwachmeisterin und jetzige Ethnologin Annegret Held die "glücksgespaltene Fräuleinsammlung" im Deichgraf vor: Zuerst beschreibt sie die "seltene Dame" Silke Sörensen, die nach Carlas Ansicht das letzte Fräuleinwunder auf der Welt ist. Danach sind die Zimmermädchen und eine Köchin an der Reihe. Zum Schluß kommen die Gästinnen dran. Eine Reihe zumeist älterer, oft kranker, immer alleinstehender Frauen, die auf Teufel komm raus alleine Urlaub machen und sich dabei trotzig erholen.
Und - last, but not least: Lale Anderson, die tot auf dem Inselfriedhof liegt und deren Schiff nun nicht mehr kommen wird.

Carla fühlt sich einsam und dies ändert sich auch nicht, als sie am Strand die muffige Marlies kennenlernt. So bleibt ihr oft nur das Meer als Ansprache.
Das Zimmermädchen ist keine große Geschichte über Carlas Leben zwischen Wunsch und Wirklichkeit, aber eine kleine, feine, raffinierte, die man mit Lust zuende liest.

Die Autorin wurde mit ihrem Roman "Die Baumfresserin" bekannt.
"Das Zimmermädchen" ist ihr fünftes Buch. Polizei-Streifengänge, Ethnologie- und Kunstgeschichte-Studium haben ihre Beobachtungsgabe für Menschen geschärft. Annegret Held lebt in Pottum.



Annegret Held
Das Zimmermädchen

Marebuchverlag Hamburg, Februar 2003
ISBN/EAN 3-936384-06-1
18,00 €
Gebunden, 250 Seiten200608531875"


Literatur

Beitrag vom 02.04.2003

AVIVA-Redaktion