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AVIVA-BERLIN.de im November 2024 - Beitrag vom 17.06.2003


Irgendwo im Ruhrgebiet
Hilde Meier

Im Revier spielt Ursula Maria Wartmanns "Die Angst der Kaninchen", ein Lesben-Roman aus dem Querverlag, der heiße Themen in brisanter Mischung aufnimmt und krimireif Hochspannung erzeugt




Schwüler Sommer im Ruhrpott. In der Kleingartensiedlung wird gegrillt, was das Zeug hält. Daneben liegt das alte rußzerfressene Zechengelände, ideales Hunde-Auslaufgebiet mit Förderturm und Unkraut zwischen rostigen Gleisen. Dies ist das Revier von Thorsten, 20, Skin, ein Jugendlicher, der nichts mit sich anzufangen weiß.

"Die Angst der Kaninchen" törnt Thorsten an, der neben seiner häßlichen Gesinnung auch ein häßliches Hobby hat, nämlich Tierquälerei. Er hat sich auf Kaninchen spezialisiert. Aber auch Menschen schikaniert er gerne, Ausländer, Homosexuelle und Penner - und Frauen, die nicht seinem Bild entsprechen.

Lokal angesiedelte Krimis kennt man aus Venedig, Paris, oder Berlin. Den Ruhrgebietskrimi, dem Schimanski alle Ehre macht, kennt man nur aus dem Fernsehen. Nun liegt er auch in Buchform vor.
"Die Angst der Kaninchen", der dritte Roman von Ursula Maria Wartmann handelt von Menschen, die sich in einem verhängnisvollen Teufelskreis aus Sehnsucht nach Zuneigung und Frustration durch Zurückweisung verstricken, und mit ihren Gefühlen nicht fertig werden.
Ihre Figuren stammen aus einfachen Verhältnissen. Selbst die Hunde sind Mischlinge.
Die 49-jährige hauptberufliche Soziologin, die im Ruhrgebiet aufgewachsen ist und jetzt in Hamburg lebt, wurde bereits mehrfach für ihre journalistische Arbeit und als Autorin ausgezeichnet.
Da ist der Skinhead Thorsten, der vorübergehend bei seiner lesbischen Tante Hanna lebt, weil er zu Hause rausgeflogen ist. Er ekelt sich vor seinem Vater nach sexuellen Übergriffen in der Kindheit.
Da ist Hannas Ex-Freundin Ruth, die Polizistin, die ihre Aggressionen nicht ganz unter Kontrolle hat.
Und da ist eine zarte lesbische Liebesgeschichte zwischen der Lehrerin Hanna und der 18-jährigen Gymnasiastin Jenny, die mit Bruder Timo bei ihrer Mutter lebt. Jenny und Timo müssen neben der Schule arbeiten, um ihr mageres Taschengeld aufzubessern.

Ursula Maria Wartmann reiht in ihrem Buch feine Psychogramme der Hauptpersonen aneinander. In den dichten Kapiteln kommt jede/r zu Wort und zeigt sich in seinen Gedanken, Gefühlen und Einstellungen.

Durch den Perspektivwechsel erzeugt sie Hochspannung, die die Leserin bis zum ungewöhnlichen Ende auf Trab hält.
Ein Roman, der es in sich hat!



Ursula Maria Wartmann
Die Angst der Kaninchen

Roman
Querverlag, Berlin 2003
gebunden, 264 Seiten
€ 17,90
ISBN 3-89656-087-5


Literatur

Beitrag vom 17.06.2003

AVIVA-Redaktion