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AVIVA-BERLIN.de im November 2024 - Beitrag vom 23.09.2002


Talmud und Internet - Eine Geschichte von zwei Welten von Jonathan Rosen
Sharon Adler

Talmud und Internet – zwei unendliche Welten. Was haben sie gemeinsam?




Talmud und Internet – schon der Titel des Buchs von Jonathan Rosen lässt aufhorchen.
Um welche Theorie geht es hier? Um den Vergleich, die Parallelen zwischen zwei Welten, die auf den ersten Blick nichts gemeinsam haben? Bezeichnenderweise lautet dann auch der Titel der Originalausgabe "The Talmud and the Internet. A Journey between Worlds". Eine Reise zwischen Welten also. Das ist weit treffender.

Dieses Buch entstand aus der Trauer um meine Großmutter, die vor drei Jahren starb und sich weder für den Talmud noch für das Internet besonders interessierte. Dennoch führte mich das Nachdenken über ihr Leben und ihren Tod in die hinter uns liegende, mehr und mehr im Dunkel verschwimmende Welt des Talmud wie auch die vor uns liegende, noch nicht genau auszumachende Welt der neuen Technologien."

Auch wenn Jonathan Rosen nach eigenen Angaben kein „Experte auf beiden Gebieten“ ist, so nimmt er uns doch mit auf eine unvergleichliche Entdeckungsreise alter & neuer Geschichten und Überlieferungen. So wie das Internet ein Tor zu „einer Galaxie von Worten..“ darstellt, ist auch der Talmud eine Welt von Worten, von Diskussionen und Debatten früher und späterer Rabbinen über viele Jahrhunderte hinweg. Betrachtet man eine Talmudseite mit all ihren Bemerkungen und Querverweisen, hat man das Gefühl, als ob die Rabbinen im direkten Dialog miteinander stehen.

Eine Urform des Chat? Nicht umsonst bezeichnen die Rabbinen den Talmud als Jam (Hebräisch für Meer) und die hebräische Bezeichnung für einen Talmudtraktat als Massechet, (Gewebe). Die Begrifflichkeiten im Cyberspace, im World Wide Web sprechen von surfen, verlinken, Hyperlinks. Ein Zufall? Kann man im Talmud surfen?

Der grenz- und zeitübergreifende Talmud ist nicht nur ein Buch – er wurde zu allen Zeiten gelebt, diskutiert. Der Talmud behandelt alle Themen menschlichen Daseins, er beschäftigt sich nicht nur mit religiösen Fragen, sondern mit allen Fragen des Zusammenlebens. Er war für lange Zeiten die Heimat des jüdischen Volkes, als es keine Heimat hatte. Das Internet als Kulturrevolution der Information und Kommunikation mit all seinen täglich wachsenden Möglichkeiten hat eine moderne Welt geschaffen, eine Welt, die ein kollektives Zusammenleben über alle Grenzen hinweg ermöglicht. Verblüffend, welche Gemeinsamkeiten hier sichtbar werden!

Rosen selbst ist zerrissen zwischen dem Wissen um seine österreichische Großmutter väterlicherseits, die die europäische Katastrophe nicht überlebte, und seiner amerikanischen Großmutter, die ein modernes assimiliertes Leben führte.

Der New Yorker Jonathan Rosen leitete von 1990 bis 2000 das Feuilleton des Forward und schreibt u.a. für die New York Times. 1997 erschien sein erster Roman, Evas Apfel.

Ein wunderbares, ein spannendes Buch. Für LeserInnen, die eine Koexistenz von unterschiedlichen Welten, Tradition & Moderne als Bereicherung empfinden.

Um es mit Jonathan Rosen zu sagen: "Wo, wenn nicht inmitten der Diaspora, braucht der Mensch eine Homepage?"


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Beitrag vom 23.09.2002

Sharon Adler