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Beitrag vom 21.11.2006
Gesundheit hat ein Geschlecht
Daniela Besser
Unbekannte Patientin - Die Medizin entdeckt den weiblichen Körper. In der noch jungen Disziplin der Gender-Medizin wird der "kleine Unterschied" untersucht, der sich medizinisch jedoch groß auswirkt
Frauen sind anders (Männer auch). Wir wussten schon immer, seit Eva und Adam, dass es Unterschiede zwischen dem weiblichen und männlichen Körper gibt, aber in der Medizin wurde diese Tatsache lange Zeit einfach ignoriert. Die Frau galt (und gilt noch häufig) in der medizinischen Forschung als "kleine Männin", und dementsprechend wurden Medikamente nur an männlichen Probanden getestet. Man(n) nahm an, dass eine geringere Dosis für die Frau der einzigste Unterschied sei, den es zu beachten galt. Dass Arzneimittel im weiblichen Organismus jedoch völlig anders wirken, auf diese naheliegende Erkenntnis kam man nicht. Auch Krankheitssymptome können verschieden sein: Der Herzinfarkt gilt als typische Männer-Erkrankung, er reißt aber zunehmend Frauen aus dem Leben, weil er häufig zu spät oder gar nicht erkannt wird. "Der weibliche Infarkt hat oftmals ein anderes Gesicht, was seine Diagnose auch so schwierig macht. Das Wissen über diese Unterschiede kann Leben retten." (aus dem Vorwort)
Frauen unterscheiden sich nicht nur in offensichtlichen physischen Merkmalen (niedrigeres Körpergewicht und geringere Körpergröße) und in anatomischer Hinsicht (schmalere Schultern, Rundungen an Po, Bauch und Hüften) vom Mann, sondern auch in ihrer "Chemie", die weitaus komplexer ist: schwankender Hormonhaushalt, höherer Fettanteil, weniger Muskelmasse, langsameres Verdauungssystem und aktivere Enzyme. Ihre Psyche funktioniert anders und sie sind auch anders krank: Ihre Knochen brechen, ihre Herzen schlagen, ihre Köpfe schmerzen und ihre Seele leidet anders.
Frauen haben kluge Strategien entwickelt, um ihre Gesundheit zu erhalten: Mehr Gesundheits- und Körperbewusstsein durch gesunde Ernährung, ausreichend Schlaf und Stressvermeidung, Bewegung an der frischen Luft oder im Fitness-Center sowie regelmäßige Gesundheits-Checks. Zudem können sie Krankheitssymptome häufig besser deuten und sind bei Gesundheitsstörungen eher bereit, ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Neben der Thematisierung von geschlechtsspezifischen Funktionsweisen der Körperorgane – angefangen beim Gehirn, über Herz, Kreislauf, Magen und Darm bis hin zum Immunsystem – erfährt frau auch, dass sie schmerzempfindlicher ist, viele Arzneimittel bei ihr anders wirken und Rauchen ihr mehr schadet.
Zu den Autorinnen:
Birgit Frohn ist Biologin und Wissenschaftsjournalistin. Sie veröffentlichte zahlreiche Sachbücher zu Themen aus Medizin, Naturheilkunde und Psychologie.
Claudia Praxmayer ist Biologin und PR-Beraterin in den Bereichen Medizin, Pharmakologie und Gesundheit. Sie hat bereits mehrere Gesundheitsratgeber veröffentlicht.
AVIVA-Tipp: Dieses Buch war längst überfällig. Es besticht nicht nur durch die fundierte thematische Vermittlung, sondern auch durch die optische Aufarbeitung. Neben Bildern, Piktogrammen und Grafiken zur Veranschaulichung gibt es rot unterlegte Infokästchen für wichtige Tipps. Die wissenschaftlichen Erläuterungen und Studien sind verständlich und informativ in den Text einbezogen. Ein erhellendes Buch, das jede Frau dazu anregen wird, sich intensiver mit ihrem Körper zu beschäftigen und sensibler für die geschlechtsspezifische, medizinische Behandlung von Gesundheitsstörungen macht. Eine unverzichtbare Lektüre für die aufgeklärte, mündige Patientin!
Birgit Frohn und Claudia Praxmayer
Unbekannte Patientin. Die Medizin entdeckt den weiblichen Körper neu
Ullstein Verlag, erschienen September 2006
ISBN: 3550078803
Preis: 19,95 Euro
Hardcover, 240 Seiten, gebunden90008115&artiId=5476829" target="_blank">bestellen