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Beitrag vom 17.09.2003
Regina Ziegler, Filmproduzentin
Sharon Adler
"You have to do things because you want to, not because you get paid for it".
Wir treffen Regina Ziegler in ihrem Berliner Büro in Charlottenburg. Das Unternehmen macht einen freundlichen Eindruck. Große helle Räume mit Blick auf den Lietzensee, an den Wänden kleine Souvenirs, die an die Zusammenarbeit mit den Größen des internationalen Filmgeschehens erinnern. Auffallend viele junge Mitarbeiter_innen und Praktikant_innen laufen mit Papieren und Videokassetten umher. Frau Ziegler begrüßt uns und wir setzen uns gemeinsam einen großen Holztisch in ihrem Büro. Gleich zu Beginn erfüllt sich eine der Vorstellungen, die man mit dem Namen Regina Ziegler verbindet: ihre Liebe zu der Farbe Rot. Nicht nur, dass sie ein entsprechendes Tuch um die Schultern trägt, sie verliebt sich auch gleich in die knallrote Tasche der Aviva-Chefredakteurin. Schnell notiert sich Frau Ziegler die Adresse des entsprechendes Geschäfts, dann kann das Interview beginnen.
"Produzenten sind nicht nur die Geldgeber"
Frau Ziegler ist Produzentin. Mehr als 200 Film- und Fernsehproduktionen sind seit 1973 unter ihrem Namen entstanden. Produzentin zu sein bedeutet nicht, allein für die Finanzierung eines Films zu sorgen. Es geht darum, die richtigen Leute, sprich Regisseur_innen und Schauspieler_innen zusammen zu bringen, am Set anwesend zu sein und sich als Ansprechpartnerin für die verschiedensten Belange verantwortlich zu fühlen. Frau Ziegler gehört zu den ProduzentInnen, die sich an dem kreativen Schaffensprozeß beteiligen und gerne alle Entwicklungsphasen bis hin zum Schnitt mit verfolgen.
"Nach Berlin, um was zu erleben"
1963 verließ Regina Ziegler ihren Heimatort, um sich in Berlin dem Jurastudium zu widmen. Das dachte jedenfalls der Rest der Welt. Der 19-jährigen dagegen ging es um das Leben in einer großen Stadt, um neue Möglichkeiten und die Chance etwas zu leben. Anstatt Juristin zu werden, gründete sie mit Ende Zwanzig eine Produktionsfirma, gemeinsam mit ihrem späteren Mann Wolf Gremm. Knapp dreißig Jahre später gehört Ziegler Film zu den erfolgreichsten Produktionsfirmen Deutschlands und macht auch auf internationaler Ebene von sich reden. Neben dem Bundesverdienstkreuz und dem Grimme Preis, erhielt sie im Februar 1999 den American Cinema Foundation Award.
Erotic Tales und Käsebrot
Neben zahlreichen Kinofilmen, produzierte Ziegler Shows und Fernsehfilme. 12 neue Folgen der Reihe "Erotic Tales" wurden Anfang diesen ausgestrahlt, gedreht von international anerkannten Regisseuren wie Amos Kollek und Hal Hartley. Regina Ziegler macht einen sehr selbstbewußten Eindruck. Während unseres Gespräches lächelt sie oft, aber nicht zu oft. Sie scheint durchsetzungsfähig, ohne dafür laut werden zu müssen. Gleichzeitig ist sie sehr aufmerksam und überhört keinen
knurrenden Magen. Das Interview wird kurz unterbrochen und der AVIVA-Leiterin (der mit der roten Tasche) ein Käsebrot organisiert.
"Das was ich liebe, darf ich auch beruflich machen."
Ihr Arbeitstag hat nicht selten 15, 18 Stunden. Sie fühlt sich in der glücklichen Situation, Privates und Berufliches verbinden zu können. Als wir sie fragen, ob sie überhaupt noch Lust und Zeit für Kino oder Fernsehen habe, antwortet sie mit einem Lächeln, dass das zu ihrem Beruf gehöre. Wenn es zu spät für das Kino ist, sieht sie die Filme zu Hause mit Hilfe eines Videobeamers an. Das, was sie beruflich beschäftigt, klammert sie auch im Privaten nicht aus. Wie könnte sie auch, schließlich ist ihr Mann Regisseur und ihre Tochter ebenfalls Produzentin. Seit dem letzten Jahr arbeitet sie als zweite Geschäftsführerin bei Ziegler Film GmbH & Co.KG und kümmert sich besonders um die Förderung des Nachwuchs in der Filmindustrie.
"Deutschland hat keine Stars"
Den Deutschen Film auch außerhalb der Bundesrepublik zu etablieren, gehört zu einem der erklärten Ziele von Ziegler Film. Was gehört ihrer Meinung nach zu den Kriterien eines international erfolgreichen Films?, fragen wir Frau Ziegler. Ein Problem liegt ihrer Meinung in der deutschen Sprache, deren Rhythmus sich sehr von dem anglo-amerikanischen unterscheidet und daher schwer zu synchronisieren ist. Zum Anderen ist Deutschland kein Land für Stars. Wie viele Male muß ein Moritz Bleibtreu beweisen, dass er andere Rollen als die des verdummten Ganoven spielen kann, bevor sich die Zuschauer_innen seine Namen merken?
"Den mache ich selber"
Trotz aller Vorbehalte gegenüber der deutschen Film- und Fernsehlandschaft, setzt sich Regina Ziegler intensiv mit deutscher Geschichte auseinander. Im Oktober diesen Jahres läuft der Fernsehfilm "Der Verleger" in der ARD. Ein Zweiteiler über den Verleger Axel Springer, mit Heiner Lauterbach in der Titelrolle. Es folgen filmische Biographien zu Willy Brandt und Beate Uhse. Es sind die Geschichten sehr unterschiedlicher Persönlichkeiten, die das Leben der Nachkriegsgeneration entscheidend geprägt haben. Alle verbindet ein großen Maß an Energie und Durchsetzungskraft, zwei Eigenschaften die sie mit Regina Ziegler teilen.
Wir bemerken zum Abschluß des Interviews, dass jemand einen Film über die Produzentin Regina Ziegler drehen sollte." Den will ich aber selber machen", bemerkt sie lachend und gleichzeitig sehr bestimmt.