Genau zwei Jahre habe ich an der Kunstakademie in Maastricht studiert. Dann
bin ich fortgegangen. Ich wusste, dass ich meinen eigenen Weg gehen musste,
wollte ich nicht alles verlieren. Nicht aus Unzufriedenheit mit dem Unterricht
bin ich fortgegangen, sondern weil es nach meinem Erleben und meiner Auffassung
von Gestaltung und Kunst an dieser Akadmie an etwas sehr Essenziellem fehlte:
Das Anerkennen und Berücksichtigen der weiblichen Sicht. Die Akademie beherbergte
in erster Linie männliche Dozenten. Nach zwei Jahren war mir klar geworden,
dass es aussichtslos war, immer wieder meine Ausgangspunkte zu verteidigen.
Es ging auf Kosten der Energie, meinen Vorstellungen bezüglich der Kunst
– sowie meine Überzeugung, dass Frauen anders gestalten und andere
Zusammenhänge herstellen als Männer – eine Form zu geben. Auf
der Suche nach einer eigenen Identität in der Malerei benötigte ich
ein Bezugssystem und Diskussionen. Fortgehen war die einzige Möglichkeit,
nicht alles zu verlieren. Sehr schnell entdeckte ich, dass in der Geschichte
der Kunst damals kaum weibliche Künstler vertreten sind; sie sind an einer
Hand abzuzählen. Wenn sie bereits zu den einflussreichen Künstlern
gehörten, bestand ihr Werk meistens aus typisch weiblichen Kunstwerken:
Kinder, Blumen, süßlichen Szenen. Eine weitere auffallende Tatsache
war, dass die Frau als Metapher – als Archetypus – im Werk der männlichen
Künstler vielfältig vorhanden war. Wie: die Muse, die Jungfrau, die
Mutter, die Hexe, die Verführerin, die Gerechtigkeit (Justitia), die Priesterin
und die weise Frau. Auffällig war auch die Diskrepanz zwischen der dargestellten
Wirklichkeit der wichtigen und einflussreichen Frauen in der männlichen
Vorstellung und der tatsächlichen Macht der Frauen. Was mich jedoch noch
am meisten interessierte, war der Archetypus selbst. Die Rollenvorbilder, die
für uns erdacht worden waren, um die unfassliche weibliche Energie in den
Griff zu bekommen. Beobachtete ich mich selbst, dann konnte ich mich in jedem
der genannten Archetypen wiedererkennen und zusammen, sollte man meinen, würde
es ein ordentliches Bild meiner weiblichen Identität ergeben. Aber auch
hier offenbarte sich eine große Kluft wie seinerzeit an der Kunstakademie
in Maastricht. Es fehlte ein wichtiger und allesumfassender, essenzieller Bestandteil.